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Rochlitz,


in einer fruchtbaren und anmuthigen Gegend, auf dem linken Ufer der Zwickauer Mulde, 8 Meilen von Dresden, 5 Meilen von Leipzig, 3 bis 4 Meilen von Chemnitz und Altenburg gelegen, zieht sich nahe an der Mulde von dem östlichen Ausläufer des bekannten Rochlitzer Berges über eine kleine Anhöhe hin. Auf einer nur durch Menschenhände vom Berge getrennten Anhöhe erblickt man das altehrwürdige, in der Abbildung befindliche, 3 Etagen hohe Schloss. Es ist ein alterthümliches aus mehrern grösseren und kleineren Häusern zusammengesetztes Gebäude, das mit der Stadt und dem Berge durch steinerne Brücken verbunden ist, von denen aus man eine der herrlichsten Aussichten auf den Fluss und die Stadt geniesst.

Das Schloss selbst zieren zwei hohe viereckige Thürme, sonst die Rochlitzer Jupen genannt, welche von einer ungeheuren Stärke der Mauern sind und wahrscheinlich erst im Jahre 1390 erbaut wurden.

Zwischen Stadt und Mulde zieht sich eine bald schmälere, bald breitere Ebene hin, über welche sich im Norden der Stadt die fruchtbaren sogenannten Pfarrfelder befinden, die im Westen durch einen fruchtreichen Berg begrenzt werden. Die schönste Aussicht hat der Beschauer vom Rochlitzer Berge oder den Steinbrüchen. Von diesem Berge aus übersieht man das Muldenthal eine Stunde weit und die darüber liegenden Höhen bis zu den böhmischen Gebirgen. Hart an den dunkeln Wald, welcher sich allmählig zur Mulde hinabsenkt, schliesst sich hier Schloss und Stadt in einer Entfernung den Wandrer, die Alles mit einem nicht zu beschreibenden Zauber überkleidet. Im Nord-Osten wird das Colditzer Schloss sichtbar, während im Süd-Ost das Auge die herrliche Sedlitzer Kirche und eine grosse Anzahl von Dörfern mit Obstgärten erblickt.

Wenn und von Wem eigentlich das ursprüngliche Schloss erbaut worden ist, lässt sich mit Bestimmtheit nicht ermitteln. Als Stadt wird Rochlitz zuerst im Jahre 1010 vom Bischof Dittmar zu Merseburg erwähnt; allein vorher schon war eine Burg hier, an deren Stelle im 11ten Jahrhundert ein neues Schloss mit fünf Thoren und drei Zugbrücken erbaut wurde, welches als eine starke Veste galt und ihren besonderen Schloss-Commandanten hatte.

Die Grafen von Rochlitz sind als die ersten Besitzer dieser Veste uns bekannt. Kaiser Konrad III. gab die Grafschaft Rochlitz im Jahre 1143 dem Markgrafen Konrad von Meissen zum erblichen Eigenthume, dessen dritter Sohn, Dedo, sich lieber einen Grafen von Rochlitz als einen Markgrafen der Lausitz nennen liess. Im Jahre 1210 belieh Kaiser Otto IV. den Markgrafen Dietrich den Bedrängten von Meissen mit der, durch das Erlöschen der Linie Dedos dem Reiche anheimgefallenen, Grafschaft Rochlitz, welche seit dieser Zeit fortwährend im Besitze der Meissnischen Markgrafen geblieben ist. Das Schloss wurde deshalb später oft von fürstlichen Personen bewohnt. Rochlitz war die Residenz der Herzogin Amalie von Bayern, Schwester der Herzöge Ernst und Albert, (1483 bis 1502); des deutschen Ordens Hochmeisters Friedrichs dritten Sohnes des Herzog Albert († 1510) und des Herzog Johann, des Sohnes Georgs des Bärtigen († 1537, wie man gewöhnlich findet, aus Aerger über ein unfeines Wort Luthers.)

Johanns Wittwe, Elisabeth von Hessen, erhielt Rochlitz zum Leibgedinge und Wittwensitz, bewies sich ganz als Landesherrin, führte die Reformation ein und baute unter andern auch die nahen Landstrassen. Ihr Bruder, Philipp, besuchte sie im Jahre 1838[VL 1] und hielt auf dem Markte zu Rochlitz ein Turnier ab; ihr damaliges Hoffräulein Marie von der Sahle liess er sich später an die linke Hand trauen.

Diese Elisabeth hielt es nachher mit der Parthei Johann Friedrichs, welcher mit ihrer Hülfe am 3ten März 1547 allhier den Markgrafen Albrecht von Brandenburg in der Morgendämmerung von Chemnitz aus überfiel, als er zu Moritzens Corps stossen wollte, ihn schlug, ihn selbst und den Landgraf von Leuchtenberg gefangen nahm und mit ihnen nach Geithain zog. Albrecht, welchen Elisabeth berauscht hatte, entkam mit Noth.

     Leipziger Kreis, 22stes Heft, oder 101stes Heft d. g. F.

Anmerkungen der Vorlage

  1. handschriftliche Korrektur: 1538
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/261&oldid=- (Version vom 7.1.2019)