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nachdem es vorher von den Rittern von Tuch besessen worden war. Gegen das Ende des 14. Jahrhunderts gehörte es dem Bischof Heinrich (Grafen zu Stolberg). Dann besassen Taucha die Herren von Haugwitz von welchen Wilhelm von Haugwitz bis 1533 mit dem Rathe zu Leipzig in langwierigem Streite lobte. Sein gleichnamiger Nachfolger verkaufte nach Kurfürst Moritz’s Tode Taucha an Abraham von Rochau, von dem es 1569 an Bernhard von Creutz gelangte. Dieser verkaufte aber Stadt und Rittergut Taucha im J. 1570 an den Rath zu Leipzig für 15000 meissn. Gulden. Im J. 1638 gelangte es an den Leipziger Bürgermeister Leonhard Schwendendörfer, im November 1646 an die von Döring, bis es im J. 1652 von der Stadt Leipzig wieder erworben ward, welche solches heut zu Tage noch besitzt.

Das Schloss umschliesst mit den Wirthschaftgebäuden zusammen einen Hof und enthält in 2 ältlichen Flügeln meist Getreideböden. Der grösste Theil der Oeconomie ist vom Gute abgetrennt, der übrige Theil verpachtet, sodass nur eine sehr schwache Oeconomie, dagegen aber eine grössere Brauerei noch existirt.

Auf dem Rittergute hafteten 2 Ritterpferde. Die Einnahme besorgt der Stadtrath durch seine Cassirer.

Die Kirche von Taucha ist ein schönes grosses Gebäude mit guter Orgel. Zu dieser Kirche sind Grasdorf, Gradefeld, Plösig und der Sattelhof Dewitz mit seinen Unterthanen gepfarrt. Portitz ist das Filial.

Diese Kirche steht seit 1774, während die frühere 1768 ganz abbrannte, welche lange vor der Reformation erbaut war.

Die Kirche und mit ihr die ganze Stadt stand schon im 10. Jahrhundert unter der geistlichen Aufsicht des Erzbischofs zu Magdeburg.

Taucha enthält 298 Häuser und 2494 Einwohner. Darunter sind viel Schuhmacher, mehrere Kürschner, Tischler und Posamentirer, die alle ihre Erzeugnisse auf die leipziger Messe schaffen und dort guten Absatz finden.

Dass Taucha früher viel grösser u. viel mehr Verkehr hatte, als jetzt, das beweisen die vielen Gasthöfe, denn es sind jetzt noch 4 Gasthöfe hier, ungerechnet der vielen concessionirten Restaurationen.

Man wundert sich, dass Taucha in der Neuzeit nicht blühender geworden ist, da es bezüglich des Handels mit allen Waaren gegen andere Städte viele Erleichterungen und viele Freiheiten hat. Es kann Jeder handeln mit was er will, sobald er Taucha’er Bürger geworden. Ausser den Gasthöfen ist hier noch eine Posthalterei, eine Untersteuereinnahme, eine Apotheke und seit 1856 ein Königl. Gerichtsamt, an welchem ein Gerichtsamtmann und zwei Actuare fungiren.

Ausserdem besteht noch ein Rathscollegium mit einem dem juristischen Fache vertrauten Bürgermeister.

Die leipziger Schlacht reichte zwar nicht bis nach Taucha, doch litt der Ort vor und nach derselben ungemein, auch fiel hier am 18. Oct. ein Gefecht vor, in dessen Folge sich das Sächs. Bataillon Prinz Friedrich August, welches die Stadt und den Pass über die Parde vertheidigte, an den russ. General Pahlen ergeben musste.

Nahe vor der Stadt liegt der Gewinnberg, von dessen Namen die gemeine Sage sonderbare Fabeln hegt, der aber höchst wahrscheinlich Wynberg heisen sollte, indem hier dasjenige Schloss Wyn anzunehmen ist, welches 1430 von den Hussitten zerstört worden ist.

Die Strasse von Leipzig nach Eilenburg, die hier durch führt, bringt immer noch Leben und Interesse in die Stadt und es vergeht selten ein Tag, wo nicht mehrere Equipagen und Reisewagen, sowie Fuhrmannswagen durch die Stadt fahren oder in der Stadt vor den Gasthöfen anhalten.

Der im Jahre 1820 hier verstorbene Pastor M. Johann Friedrich Köhler war ein gründlicher Geschichtsforscher, der für unser sächsisches Vaterland manchen guten Beitrag lieferte.

In Taucha wurde Karl Rudolph Gräfe geboren, welcher vom Jahre 1764 an, Hofrath. Justitienrath und geheimer Reverendar und Archivar zu Dresden war. Er starb im Jahre 1805.

Roitzsch ¼ Stunde von Wurzen, hat blos seinen Namen in früherer Zeit von der uralten adligen Familie von Rotschütz erhalten.

Im Jahre 1472 kam es durch Kauf an die Meissner Bischöfe, welche es von den Herren von Lusigk (Lausigk) gekauft hatten.

Aus 5 hier befindlichen Teichen, welche der Bischof Johann von Saalhausen anlegen lies, entspringt das Flüsschen Ritzschke, welches hinter dem Domberge bei Wurzen in die Mulde fällt.

Nachdem der letzte Bischof die Regierung niedergelegt hatte, fiel Roitzsch dem Landesfürsten zu, doch ward es von diesem 1681 wieder verkauft und kam an Oswald aus dem Winkel, von welchem es Daniel von Döring, Stiftsrath und Canzler zu Wurzen und der 9. Sohn des berühmten Geheimen Rath David von Döring überkam. Er starb 1665 80 Jahr alt. Ihm folgte in beiderlei Besitz sein Sohn Wolf Geh.-Rath und Stiftscanzler, welcher im Jahr 1714 mit Tode abging.

Von dieser Familie kam es an Baron Lorenz und von diesem wieder an das Geschlecht derer aus dem Winkel.

Der gegenwärtige Besitzer ist der in Churhessischen Diensten gestandene Rittmeister aus dem Winkel.

Das Rittergut hat ein schöngebautes Wohnhaus, und zweckmässig angelegte räumliche Oeconomiegebäude. Auch gehört dazu eine bedeutende Schäferei, weshalb die dasigen Dorfbewohner keine Schaafe halten dürfen.

Das Rittergut entrichtete kein Ritterpferd, sondern Donativgelder und hat schöne Fischerei und eine grosse Ziegelbrennerei daselbst.

Zum Behuf von Zuckerbereitung wurde von Baron Lorenz hier sehr starker Runkelrübenbau getrieben, womit man starke Mastung verband.

Rittergut und Dorf hat jetzt 32 Häuser und 275 Einwohner, die bei dem Gerichtsamte Wurzen Recht leiden. Eine Schule ist erst in späterer Zeit hier erbaut worden, eingepfarrt ist Roitzsch nach Wurzen.

Rüdigsdorf in Urkunden Rügersdorf, welches mit dem Gute Sahlis combinirt ist und deshalb wäre füglich hier darüber wegzugehen, weil schon speciell bei der Beschreibung von Sahlis auf dieses Gut Bezug genommen worden ist: Doch hier nur noch Einiges aus der ältern Geschichte dieses Gutes.

Zum Rittergut, welches mit ⅔ Ritterpferd verdient wurde, gehören noch neuschriftsässig die Oertchen Neuhof und Pflug.

Neuhof ist eigentlich ein besonderes aber von jeher mit Rüdigsdorf verbundenes Rittergut, wovon aber schon seit Jahren die Oeconomie zu Rüdigsdorf geschlagen ist.

Das Herrenhaus in Rüdigsdorf ist ein schönes ansehnliches Gebäude, über der Mühle; die Wirthschaftsgebäude sind erst vor mehrern Jahren neu symmetrisch und geschmackvoll erbaut und mit Blitzableitern versehen worden.

Nördlich von denselben liegen 2 Teiche, und jenseits dieser der herrschaftliche Garten, welcher schöne Spaziergänge hat.

Der eigentliche Ziergarten am Herrenhaus ist klein, ungleich grösser der in Westen gelegene Nutzgarten.

Die ältesten bekannten Besitzer waren die von Meckau, die auch Kohren besassen, ihnen folgten die von Rüdigsdorf, die zuerst das dasige Vorwerk anlegten und so den Ort gründeten.

Eine Jutta von Rüdigsdorf war 1412 Priorin des Marien Magdalenenklosters zu Altenburg.

Noch im Jahre 1541 erscheinen Veronika und Brigitta von Rüdigsdorf unter den pensionirten Klosterfrauen zu Seuslitz. Im 16. Jahrhundert scheinen die von Rüdigsdorf etwas in Verfall gekommen zu sein: denn ein Mal war das Gut in 3 Abtheilungen gesondert, von denen Jeder derselben einen besass, im Jahre 1670 hausten sie zusammen auf dem Neuhofe, der von ihnen an die von Röhrsdorf kam. Rüdigsdorf besass zur selben Zeit Hans Dietrich von Heynitz, der viel für die Kirche that.

Von Hans Christoph von Röhrsdorf kam Neuhof im Jahre 1694 an die Besitzer von Rüdigsdorf und blieb nun stets dabei. Dies geschah unter Adam Dietrich von Heynitz, welcher Alles im Jahre 1649 an Hans Christoph Pflug abtrat. Von diesem rührt die Entstehung des Ortes Pflug her.

Vom Jahre 1707–17 besass das vereinigte Gut Aug. Gotth. von Koseritz, von welchem es an Major Michael von Schindler überging. Nach denen von Schindler kam es 1782 an die von Reisky, von welcher es Herr Dr. Heinrich Wilhelm Lebrecht Crusius auf Sahlis kaufte, nach dessen am 26. Aug. 1858 erfolgten Tode die Geschwister Crusius, als:

1) Dr. Friedrich Leberecht Crusius
2) Charlotte Therese Crusius, Gemahlin des Appellationsraths Dr. Wilhelmi,
3) Frau Elise Charlotte verehel. Oberpfarrer Jenztsch geb. Crusius,
4) Frau Charlotte Marie verehel. Prof. Leonhardt geb. Crusius

das Gut gemeinschaftlich in Lehn nahmen. Seit 1859 ist aber Herr Dr. Friedrich Leberecht Crusius alleiniger Besitzer, welcher aber jüngst wieder verstorben ist.

Durch diese ehrenhafte Familie ist das Gut sehr in die Höhe gebracht und zur Besserung desselben sind grosse Kosten aufgewendet worden. Rüdigsdorf zählte im J. 1859 in 31 Häusern 194 Einwohner.

Quesitz hart an der Grenze Sachsens gelegen, nahe bei Markranstädt.

Das hiesige Rittergut gehörte vor 1815 zum Amte Lützen des Hochstifts Merseburg.

Das Rittergut ist schriftsässig und besitzt ein grossartiges Herrenhaus, was erst ein Kunstwerk der neuern Zeit ist. Früher besassen das Gut die von Dieskau, dann kam es im 18. Jahrhundert an die von Weissenbach; zu Anfang des 19. Jahrhunderts war es in den Händen eines gewissen Krumbhaar und 1827 war Besitzer Herr Schwickert. Seit 1851 war Maximilian Beckmann damit beliehen im Jahre 1857 wurde die Wittwe gedachten Herrn Beckmann‚ Agnes Pauline geb. Claus als Besitzerin eingetragen. Seit 1858 ist aber Carl Gustav Lottermoser damit beliehen. Gegenwärtig besitzt es Herr Kirchner.

Quesitz bildet nur eine Gemeinde, da die Rittergutsgemeinde mit der Amtsgemeinde verschmolzen wurde.

In der Schlacht bei Lützen wurde der Ort hart mitgenommen.

Geschichtlich merkwürdig ist der Ort noch dadurch, dass auf der hiesigen Pfarre, so wie auf dem Rittergute im Jahre 1706 lang, sehr lang der polnische König Stanislaus sich aufhielt und öfter Conferenzen mit Karl XII. hatte, welcher zu Altranstädt war. Auf dem Edelhofe wohnten mehrere polnische Woiwoden, so auch der Kronschatzmeister Sapieha.

Das preussische Dorf Döhlen ist hieher eingepfarrt. Die hiesige Kirche ist seit 100 Jahren grossartig auferbaut. Ein Filial von Quesitz ist in Kulkwitz, was eine sehr alte Kirche besitzt, welche über 500 Jahre alt ist.

Beide Kirchen standen früher unter der Stiftssuperintendentur Merseburg, jetzt gehören sie zur Inspection Pegau.

Quesitz hatte im J. 1859 in 41 Häusern 253 Einwohner, und gehört zum Gerichtsamt Markranstädt.

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/384&oldid=- (Version vom 9.4.2019)