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Besucher nicht mehr hinreichenden Raum darbot, wurde vom September 1754 bis zum Sommer des nächsten Jahres neu aufgebaut, so dass am 2. August darin zum ersten Male Gottesdienst gehalten werden konnte. Aus dem alten Gotteshause nahm man den Altar in das neue herüber, auch liess man den alten im Verhältniss zur neuerbauten Kirche viel zu niedrigen Thurm stehen. Im Jahre 1767 wurde hier eine Giftmischerin, Johanne Regine Günther aus Löthain hingerichtet, welche funfzig Personen vergiftet hatte. – Das Dorf Boritz, welches in Ober- und Niederboritz, oder auch Alt- und Neuboritz eingetheilt wird, ist Präbende des jedesmaligen Dompropstes zu Meissen. Ehedem erstreckten sich sämmtliche Gehöfte und Wohnungen an den Ufern der Elbe hin, die Ueberschwemmungen des Stromes nöthigten aber den grössten Theil der Einwohner ihr Obdach weiter von demselben aufzuschlagen, und so entstand für diesen aufgebauten Dorftheil der Name Neuboritz. Nur die Kirche, Pfarre und Schule nebst einigen Bauergüter stehen noch auf ihren ursprünglichen Stellen.

Otto Moser, Redact.     




Dallwitz.


Dallwitz, ein von den Slaven angelegtes Dorf, liegt etwa eine und eine halbe Stunde entfernt von der Stadt Grossenhain, am Ufer des Naunhofer oder Lenzer Baches, dicht bei den Dörfern Lenz und Döbritzchen. Der Name Dallwitz bedeutet soviel als ein entfernt liegendes oder an der Grenze erbautes Dorf.

Das Rittergut, in dessen Nähe das Dorf Dallwitz mit drei Bauergütern, einer Mahl- und Schneidemühle nebst einigen Drescherwohnungen liegt, gehörte in den ältesten Zeiten der reichbegüterten Familie von Nischwitz, die es noch im sechszehnten Jahrhundert besass. Abraham von Nischwitz wird 1575 als ein sehr frommer um die Kirche des nahen Dorfes Lenz sehr verdienter Mann erwähnt. Von ihm kam das Gut an die Herren von Milkau, von denen Hiob von Milkau 1612 ein Ritterpferd zum Defensionswerke stellte. Die Milkaus verkauften Dallwitz um 1670 an den Oberconsistorialpräsidenten Gottfried Hermann von Beichlingen auf Zschorna, der es seinem Sohne, dem bekannten Grafen Wolfgang Dietrich von Beichlingen, Churfürstlich Sächsischen Oberkanzler und Premierminister hinterliess. Dieser Herr war der Schwager der schönen Sibille von Neitschütz, der Geliebten des Churfürsten Johann Georg IV. von Sachsen, und befand sich eben am kaiserlichen Hofe in Wien um die Gräfin von Rochlitz, zu welchem Range der Churfürst Sibillen von Neitschütz erhoben hatte, durch den Kaiser Leopold in den Reichsgrafenstand erheben zu lassen, als er die Nachricht von dem Tode seiner Schwägerin erhielt, die an den schwarzen Blattern erkrankt und schnell gestorben war. Wenige Tage nach Sibillens Tode starb auch der Churfürst, der mit Gewalt von der Leiche seiner Geliebten entfernt werden musste, an derselben schrecklichen Krankheit. Trotz des merkwürdigen Prozesses, in den die Verwandten der verstorbenen Gräfin von Rochlitz nach deren Tode verwickelt und zum Theil bestraft wurden blieb der Kanzler von Beichlingen bei des Churfürsten Johann Georg IV. Nachfolger, August dem Starken, in Gnaden, und genoss seines Fürsten Vertrauen in so hohem Grade, dass er eine unumschränkte Gewalt besass und Alles sich vor ihm beugte. In diesen glänzenden Verhältnissen blieb der zum Reichsgrafen erhobene Minister von Beichlingen bis zum Jahre 1703, wo er gemeinschaftlich mit seinem Mignon, dem Bürgermeister Romanus zu Leipzig in Ungnade fiel und auf die Festung Königstein gebracht wurde.

Das Aufsehen, welches des allmächtigen Ministers Fall verursachte, erstreckte sich über ganz Deutschland. Jetzt zeigte es sich, dass der gestürzte Günstling mehr gefürchtet als beliebt gewesen war, und von allen Seiten erhoben sich seine Feinde, um gegen ihn die schmachvollsten Vorwürfe auszusprechen. Die Churfürstliche Kanzlei selbst publicirte ein Manifest, welches die schwersten Beschuldigungen enthält. Es waren namentlich zwölf Punkte wegen deren man ihn verdammte. Er sollte zu den Sechspfennigern Consilia gegeben, den Profit aber behalten haben, Falschmünzer gewesen sein, Gelder nicht an den Kaiser bezahlt, sondern unterschlagen und Heyneswerde zu verkaufen beabsichtigt haben. Weiter wurde ihm vorgeworfen, er hätte falsche Blanquets und Vollmachten ausgestellt, des Landesherrn Petschaft nachstechen lassen, hoher Potentaten Schreiben an den König nicht abgegeben, Moskowitische und Dänische Gesandte verächtlich tractirt, den Prinzen stehlen und Selbigen an Churbaiern liefern wollen, ohne des Landesherrn Erlaubniss den Hugenotten das Exercitium Religionis einräumen wollen auch Incandation verübt und gegen Personen vorgehabt, sowie Staatsgelder an sich gezogen, und solche alsdann dem König geliehen. Eben so wurde ihm der Vorwurf gemacht, er hätte auf seinem Grafenwappen einen Fürstenhut geführt, statt des Landesherrn Unterschrift die seinige gebraucht, endlich einen Stammbaum anfertigen lassen, worin er nachweisen wollen, dass seine Vorfahren aus dem Wittekindischen Stamme und Sächsischen Hause entsprossen seien, und ausserdem noch eine

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/047&oldid=- (Version vom 29.10.2017)