Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section | |
|
war, als protestantischer Reichsstand die formula concordiae mit unterschrieb, und ein thätiges Mitglied der Commission war, die 1593 zu Torgau niedergesetzt wurde, um die Crell’sche Angelegenheit zu untersuchen. Er starb 1602 zu Prag, seine Leiche wurde aber nach Härtensdorf gebracht und dort in der Kirche begraben, wo er in Lebensgrösse in Stein ausgehauen ist.
Er hatte mit dem Grafen Johann Georg I. von Solms-Laubach und dessen Bruder Otto zu Sonnenwalde, ein pactum sucessorium über die Herrschaft Wildenfels abgeschlossen, und da er keine Leibeserben hinterliess, kam Wildenfels an das Geschlecht der Grafen von Solms, bei dem es auch ununterbrochen geblieben ist. Ronneburg dagegen fiel als erledigtes Lehn, an die Kur zurück.
Es wurden mit Wildenfels 7 Brüder und Vettern Solms belehnt, und ausserdem waren noch 8 andere Mitbelehnte.
Vor den Solms besass ein Veit von Uttenhofen Wildenfels auf ganz kurze Zeit unterpfändlich. Dann aber blieb es ununterbrochen bis zum heutigen Tage in dem Besitz der Grafen von Solms und ist von seinen Besitzern besonders zu nennen der königl. Preussische General-Major, Graf Heinrich Wilhelm, und dessen Sohn, der sehr verdiente Landeshauptmann, Graf Friedrich Ludwig zu Solms-Sachsenfeld.
Die Grafen von Solms-Wildenfels gehören auf den Landtagen zum ersten Stande (Prälaten, Grafen und Herren). Sie haben für ihre Vasallen einen eigenen Lehnshof, bei denen der merkwürdige Brauch herrscht, dass die Lehne vor Sonnenaufgang genommen werden müssen, wenn sie nicht verlustig gehen sollen. Die Civilverwaltung führt das im Schlosse befindliche Amt, auch hat der Graf einen oder einige Kammerräthe. Die Collatur übt er über sieben zu der Herrschaft gehörende Pfarrstellen aus, und zwar: Wildenfels mit Härtensdorf, combinirt, und mit zwei Pfarrern, Friedrichsgrün, Reinsdorf mit zwei Pfarrern, Ortmannsdorf und Weissbach.
Zu den Nebenbesitzungen von Wildenfels gehören die Vorwerke Charlottenhof und Carolinenhof, eine Schäferei bei Friedrichsgrün, der sehr schöne Schlossteich, der 500 Ellen lang und 300 Ellen breit ist, und einige Mühlen; (Ernts-Mühle, – Königs-Mühle, – rothe Mühle, – Teich-Mühle.)
Die Stadt Wildenfels, zum erzgebirgischer Kreise gehörend, liegt im 30° 17’ der Länge und 50° 39–30½’ der Breite, zwischen dem Zschockenbache und dem Härtensdorfer Wasser, 2¼ Stunde westlich von Zwickau, 2¼ Stunde südöstlich von Schneeberg, 1 Stunde nordnordwestlich von Hartenstein, 1¾ Stunde westlich von Kirchberg, und ¾ Stunde nordwestlich von Wiesenburg entfernt. Sie hat zwar im Osten ein Thor, auch zwei Vorstädte, ist aber sonst ganz offen. Gebaut ist das Städtchen zwar nett aber keinesweges schön; auch hat es nur wenige erwähnenswerthe Gebäude; dahin gehören eine Papiermühle oberhalb der südöstlichen Vorstadt, das innerhalb dieser gelegene Schiesshaus, und eine Bildhauerwerkstatt. Denn Wildenfels hat seit vielen Jahren einen Bildhauer gehabt, und darunter den nicht unberühmten Gebert, der 1809 das Monument für die Begräbnisskapelle zu Altzelle fertigte. Diesem Bildhauer müssen, wenn er es verlangt, alle grösseren, in den hiesigen Marmorbrüchen gewonnenen Marmorblöcke überlassen werden.
Wildenfels hält alljährlich am Montage nach Johannis einen Markt, ausserdem aber hat es einen wöchentlichen Gemüse- und Getreide-Markt.
Wildenfels hat 2 Schulen, die Hauptschule mit dem Diaconus und dem Cantor, in zwei Classen, und das 1772 gegründete Tertiat in einer Classe, mit dem Collegia Tertius. Beide Schulen zusammen haben zwischen 4 und 500 Schüler. Indess beabsichtigt man den Bau eines neuen Schulhauses mit 4 Classen und vier Lehrern.
Die Kirche liegt ziemlich hoch, am östlichen Rande der Stadt, 1100 Pariser Fuss über dem Meere. Sie ist alt und unansehnlich, im Innern mit schlechten Gemälden überladen, hell und freundlich, jedoch für das Bedürfniss der Gemeinde zu klein. Unter den vielen schlechten Bildern verdient jedoch eine rühmlichere Erwähnung ein Gemälde, welches der in Wildenfels geborene Hofmaler Vogel von Vogelstein aus Italien schickte, um dadurch seiner Vaterstadt ein Andenken an seine Kindheit zu verehren. Dieses Gemälde ist indess nicht, wie an einigen Orten behauptet wurde, Altarblatt.
Die Kirche wurde erst von 1577 bis 1580 erbaut, und der Thurm gar erst 1601. Bis dahin hatte Wildenfels keine eigene Kirche gehabt, sondern nur eine Kapelle im Schlosse, war übrigens aber nach Härtensdorf eingepfarrt gewesen.
Als die Kirche bei dem grossen Brande eingeäschert war, wurde sie erst 1606 wieder eingeweiht. 1633 wurde das Erbbegräbniss der Grafen von Solms daran angebaut. Die erste darin beigesetzte Leiche war die der Gräfin Anna Maria, der Gemahlin des damaligen Besitzers. Der baufällig gewordene Thurm wurde 1822 abgetragen und 1823 höher wieder neu aufgebaut.
Die kirchlichen Verhältnisse von Wildenfels sind in Folge früherer Einrichtungen eigenthümlicher Art. Es ist danach die Kirche von Härtensdorf die Mutterkirche von Wildenfels. Das Kirchenvermögen, das Pfarrgut und der zu demselben gehörige Wald, sind deshalb auch noch jetzt beiden Kirchen gemeinschaftlich. Bis 1835 wurde der Hauptgottesdienst für beide Gemeinden abwechselnd in einer der beiden Kirchen gehalten; da sie sich aber für den Besuch der Gläubigen zu klein zeigten, wird seitdem jeden Sonntag in beiden Kirchen Gottesdienst gehalten und die Geistlichen alterniren dabei gegenseitig.
Bis zur Erbauung der Kirche in Wildenfels musste der Pfarrer zu Härtensdorf für die Schlosskapelle einen Kapellan halten.
Der Kirchhof, der auf einem Hügelabhange am östlichen Ende der Stadt liegt, wurde erst 1620 angelegt. Bis dahin waren die Bewohner von Wildenfels nach Härtensdorf begraben worden. Nach der Volkssage wurden die Opfer der Pest auf einem eigenen Platze beerdigt, der am schönauer Bach, nahe der Ernstmühle, liegt und noch jetzt der Pestacker heisst.
Die Standesherrschaft Wildenfels besteht aus zwei abgesonderten Theilen, die indess nur ¼ Stunde auseinander liegen. Es gehören zu derselben ganz oder theilweise die Ortschaften Weissbach mit Hermersdorf,
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/124&oldid=- (Version vom 11.6.2017)