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da keinem Patrono oder Kollatori eigne Jurisdiktion oder Disposition über ein geistliches Gebäude zusteht.“ Der Rat solle mit dem Superintendenten jedesmal Kommunikation in ecclesiasticis pflegen und ohne dessen ausdrückliche Einwilligung nichts unternehmen, voritzo aber... den brauch­baren Schutt in Einnahme bringen. Der Rat, der auf das Wohlwollen der Behörde bei Beschaffung der Gelder angewiesen war, schwieg zunächst zu diesem Versuch, seine bisherige Selbständigkeit zu beschränken.

Das Schreiben des Oberkonsistoriums verrät, daß die tiefere Ursache seiner Mißstimmung in der Übergehung des Superintendenten, der zugleich Mitglied dieser Behörde war, zu suchen ist.

Im Oktober 1763 forderte das Oberkonsistorium aufs neue, daß nichts ohne Vorwissen des Superintendenten als Kommissarii veranstaltet, auch fleißig cum actis Bericht erstattet werde. Die Wiederholung der Forderung zeigt, daß der Rat sich nicht an sie kehrte.

Zeitlich etwas vorgreifend ist hier der Versuch des Oberkonsistoriums zu erwähnen, seinerseits eine besondere Baukommission[1] ins Leben zu rufen. Es schrieb im August 1764 an den Rat: „Wir finden für gut, zu mehrerer Beförderung dieses Hauptbaues eine Kommission niederzusetzen.“ Der Superintendent, der Bürgermeister Bormann als Inspektor der Kirche sollen ihr „unter Anderen“ angehören, der Rat soll „Vorschläge“ für ein weiteres Ratsmitglied machen und der ferneren Ent­schließung gewärtig sein. Hatte vor Jahresfrist der Rat geschwiegen, jetzt trat er mit großer Bestimmtheit einer Einschränkung seiner Rechte entgegen. Nur für den Fall, daß die Kommission nicht über ihn hinweg handle, daß das Kommissionale an ihn, als ein Kollegium, dem iure proprio als Patron die Veranstaltung des Kirchenbaues zustehe, gerichtet werde, entsendet er ein Mitglied und zwar den Stadt­schreiber zur Führung des Protokolls. Auch dies ein Zeichen, daß der Rat sich den Einfluß in der Kommission möglichst sichern wollte. Der Superintendent wurde zur Mitunterzeichnung des Berichts herangezogen. Das Oberkonsistorium forderte als Antwort vom Rat einen schleunigen Bericht, woher er das noch nötige Geld nehmen wolle, da ihm als Patron die Aufbringung der Kosten zustehe. Über die Kommission folge später Resolution. Sie ist nie erfolgt. An einer Kommission, die von ihm nicht abhängig war, hatte das Oberkonsistorium kein Interesse.

Im Frühjahr 1764 war der Stand des Kirchenbaues sehr hoffnungsvoll. Die Pläne waren anstandslos genehmigt, der Bau selbst vergeben, seine Leitung organisiert und Geld für die ersten Baujahre vorhanden.

Schmidt begann damit, den nördlichen Teil der alten Kirchenmauern niederzulegen. Gleichzeitig ließ er die durch das Feuer geschwächten Schäfte des alten Turmes neu aufführen und seine Breitseiten durch starke Anker befestigen. Die Grüfte innerhalb der alten Kirche wurden abgebrochen und den Särgen unter dem Altarplatz neue Gewölbe erbaut.[2] Bis zum 16. Juli 1764 war alles zur Grund­steinlegung für den Neubau fertig. Die Gemeinde konnte ihr „vergnüglich“ entgegensehen.

In diese Vorbereitungszeit von Februar bis Juli 1764 fällt auch eine wesentliche Erweiterung der Schmidtschen Baupläne. Bereits bei Übernahme der Direktion im Februar erklärte Schmidt, daß hohen Ortes (nähere Bezeichnung fehlt) an den oberen Teilen der Kirche, also an der Fassadengestaltung, in den Rissen etwas geändert worden sei. „In Konformität dieser Korrektion“ seien sämtliche Risse wieder neuerlich anzufertigen.

Im April 1764 forderte der Präsident des Oberkonsistoriums von Globig Schmidt zu sich, um sich über den Bau Nachricht geben zu lassen und äußerte dabei „besondere Sorgfalt, ob der Turm

wohl stehen bliebe und nicht bei dem neuen Baue gar einfallen möchte“. Schmidt suchte nun durch


  1. Beim Bau der Frauenkirche hatte auf eine Eingabe des Oberkonsistorialpräsidenten an die Regierung der König 1722 die Einsetzung einer Kommission angeordnet. Sie bestand aus zwei Räten und dem Superintendent. Der Rat ist zuzuziehen. In der ersten Sitzung machte der Senatsvertreter energisch geltend, daß „die Kirche der Stadt und dem Magistrat eigentümlich zustehe, diesemnach sowohl ratione iuris patronatus als sonste die Fabrika und der Bau... nicht werde könne entzogen werden“. Vor allem die große Geldverlegenheit nötigte den Rat, sich doch zu fügen. Eine Mitwirkung der Kommission tritt nur im Anfang der Baugeschichte hervor.
  2. Nach dem Brand 1897 wurden die Grüfte wieder verlegt, die Pretiosen und ein Zinnsarg dem Stadtmuseum übergeben.
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Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/17&oldid=- (Version vom 11.4.2024)