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neue Teile einzuflicken. Den Gurten der Attique entsprach am Turm eine zweite Pilasterordnung. Eine dritte reichte bis zum renovierten „steinernen Gang“. Die Türmerwohnung und den Geschütz­boden darüber umgab eine vierte mit doppelter Fensterreihe. Der höher geführte mittlere Teil erhielt seitliche Anläufe und trug einen dreigeschossigen Aufbau mit Ecksäulen. In einem glockenförmigen Dach mit hoher reich umrissener Spitze klang der Turm aus. Die malerische dreiteilige Gliederung von ehedem wurde den beiden ursprünglich selbständigen Seitenteilen noch einigermaßen gerecht. Schmidt betonte nur die Mitte in kräftigem Aufwärtsstreben bei größerer Gesamthöhe (vorher 92 m nach Gurlitt, K. Dr.).

Die Art der Massengliederung und die Handhabung der absoluten Maßverhältnisse ist bei Schmidt eine ganz andere. Das neue Hauptportal ist über die Hälfte höher (13 statt 8 Ellen) als


Kreuzkirche. II. Neubauprojekt Schmidts.
Maßstab rd. 1 : 1000. Nach einem Gedenkblatt zur
Grundsteinlegung im Ratsarchiv.

Kreuzkirche. III. Neubauprojekt Schmidts.
Maßstab 1 : 1000. Nach der Originalzeichnung Dd.
im Hauptstaatsarchiv.


das alte Renaissancetor von 1579 und dieses wieder höher als das gotische. Die Einordnung von mehreren Geschossen und großen Wandflächen in ein Pilastermotiv macht sie fürs Auge leichter über­sehbar und faßbar, dadurch aber auch scheinbar kleiner.

Durch die Übertragung der Architektur auf den Turm und durch die Anpassung von Grund- und Aufriß an ihn entstand ein ziemlich einheitliches Werk. Zu einem Neubau in voller Harmonie und aus einem Guß wurde die Kirchenanlage erst nach dem Einsturz des alten Turmes im dritten Projekt.

Der neue Schmidtsche Turm tritt nur wenig vor das Kirchgebäude vor. Seine Mittel­achse, die Spindel, steht im Schnittpunkt der Hauptachse mit der Querachse durch das erste Fenster der Langseiten. Da die Orgelarkade bei 17 1/2 Ellen (9,91 m) Spannweite Turmlast nicht mit erhalten darf, ist die größte Tiefe des ersten selbständigen Turmgeschosses, des dritten von unten an gerechnet, beschränkt. Zur Aufnahme der Orgel öffnet sich der Turm mit einem 11 Ellen (6,23 m) weiten Bogen im Mittelraum. Den Schub des Bogens nehmen lange Strebemauern, Wände der Treppenhäuser auf.

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Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/39&oldid=- (Version vom 27.3.2024)