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von seinem Kanzel- und Orgelüberbau unter Leitung von Prof. Arnold, Dresden, noch vermehrt wurde. Die Originalzeichnungen Bährs[1] sind jetzt im Pfarrarchiv nicht mehr vorhanden.

Die Kirche in Forchheim (1719–21) zeigt die gleiche Anordnung bei größeren Abmessungen, nur ist der Altarplatz durch eine Erweiterung des Mittelsaales geräumiger.

Die 1724 geplante, 1725–26 ausgeführte Kirche in Hohnstein (Sächsische Schweiz) mit drei Emporen weicht in der inneren Raumwirkung nur wenig von den genannten Kirchen ab trotz veränderter Grundrißform. Der Altarplatz, an dem sich Emporen hinziehen, ist im Verhältnis noch mehr ver­größert durch Verwendung vorhandener Turmmauern. Die Orgel liegt, wie in den beiden vorher genannten Anlagen, über dem Kanzelaltar und gegenüber sind Herrschaftsbetstuben eingerichtet.

Die 1710–13 errichtete, 1760 zerstörte Waisenhauskirche in Dresden dürfte auf Bähr zurück­gehen. Pläne oder Akten sind nicht erhalten. Aber eine Erklärung Bährs,[2] der 1725 mit ihrer Erweiterung betraut wurde, gibt einigen Aufschluß. „Noch 100 etliche 60 Sitze könnten angebracht werden, wenn beliebt würde, daß über die fertige Emporkirche noch einmal, wie die so gebaut sein, herumgefahren würde.“ Die Höhe gestattet es, „wenn etliche Bögen, welche über den Emporkirchen sein, höher gemacht und geändert werden“. Aus Bährs Umbauzeichnung, die ein Zimmermeister Greyßner ausführte, da „Bähr die Arbeit nicht hat dingen wollen“, ist die ältere Gestalt der Kirche abzulesen. In ein Umfassungsrechteck von 13,60 / 21,52 m Größe war ein gleichfalls rechteckiger Mittelsaal mit einer Empore ringsum angeordnet. Die von Bähr sonst nicht verwendete Grundrißform könnte durch vorhandene Umfassungen bedingt sein. Zum erstenmal tritt hier die Ausbildung der Emporenstützen zu Arkaden und die hallenartige Anlage auf. Bei den gewonnenen Abmessungen war wohl die Wirkung etwas beengend, zumal dem Saal direktes Licht fehlte. Bähr griff erst später bei größeren Bauten auf dieses Motiv zurück.

Bährs neue, an ländlichen Kirchen entwickelte Baugedanken erfüllen alle Forderungen des protestantischen Bauprogramms. Die Gemeinde ist eng um ihren Geistlichen zusammengeschlossen. Da die Holzstützen nur schwach sind, kann dieser von allen Kirchgängern gesehen und gehört werden. Altar und Kanzel liegen zusammen in der Mittellinie. Diese Anordnung war nicht neu, sie ergab sich aber hier auch aus künstlerischen Gründen, sie entsprach der zentralen Raumbildung.

Die beiden großen Dresdner Stadtkirchen Bährs zeigen die Übersetzung des entwickelten Typus in größere Verhältnisse und seiner Holzkonstruktion in eine steinerne. Zum Bau der Dreikönigs­kirche[3] (1732–39) wurde er erst zugezogen, als die Umfassungen bereits festlagen. Der ältere Plan vom kurfürstlichen Oberlandbaumeister Pöppelmann sah eine dreischiffige gotische Halle mit Kreuzgewölben vor. Bähr rückte die Zwischenpfeiler der Längsseiten mit ihren Gurtbögen nach außen an die Emporenbrüstung heran und bildete so wieder einen achteckigen Saal mit selbständiger Muldendecke. Die steinerne Überwölbung dieses 17 m i. L. weiten Mittelraumes bot Schwierigkeiten. Obgleich der Kurfürst (und wohl auch Bähr selbst) massive Überdeckung dringend wünschte, kam nur eine geschalte Saaldecke zur Ausführung.

Die Frauenkirche (1722–40) ist ganz Bährs Werk. Sie zeigt denn auch die vollendete Durch­bildung seiner Baugedanken in monumentaler Form. Sein erster Entwurf von 1722 verrät deutlich die Verwandtschaft mit den Dorfkirchen. Über der quadratischen Vierung der ins griechische Kreuz gestellten Umfassung entwickelte sich aus übereck gespannten Zwickeln der achteckige Mittelsaal, der durch das konstruktive Rippensystem der Innenkuppel seinen Abschluß fand. Da der Gouverneur der Stadt als Vertreter der Baupolizei Einspruch erhob gegen das Zusammenfallen der in den Kreuzarmen liegenden Treppenausgänge mit den Haupttüren, entwarf Bähr einen veränderten Plan, in dem die Umfassungen in ein Quadrat gestellt und die Treppen an die verbrochenen Ecken desselben gelegt waren. Die nun diagonal stehenden Treppenmauern machten eine radiale Anordnung der Arkadenpfeiler nötig.

Der Innenraum wurde kreisförmig. Ringartig legten sich die Emporengeschosse um ihn. Die Gesamtraumform


  1. Vergl. Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler Sachsens, Heft 2.
  2. R. A., B. II. 43. Eine Betstubenzeichnung in der Plansammlung des R. A. enthält ein Fenstermotiv der Kirche.
  3. Pläne in der Sammlung für Baukunst.
Empfohlene Zitierweise:
Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/54&oldid=- (Version vom 28.3.2024)