unvollkommene Glieder der Schöpfung anzusehen seyn, welche weder dienen können, vernünftigen Wesen bequeme Wohnplätze abzugeben, noch dem Besten des ganzen Systems dadurch nützlich zu werden, daß sie, wie man vermuthet hat, der Sonne dereinst zur Nahrung dieneten; denn es ist gewiß, daß die meisten derselben diesen Zweck nicht eher, als bey dem Umsturze des ganzen planetischen Gebäudes, erreichen würden. In dem Lehrbegriffe, von der unmittelbaren höchsten Anordnung der Welt, ohne eine natürliche Entwickelung aus allgemeinen Naturgesetzen, würde eine solche Anmerkung anstößig seyn, ob sie gleich gewiß ist. Allein in einer mechanischen Erklärungsart verherrlichet sich dadurch die Schönheit der Welt, und die Offenbarung der Allmacht, nicht wenig. Die Natur, indem sie alle mögliche Stufen der Mannigfaltigkeit in sich fasset, erstrecket ihren Umfang über alle Gattungen von der Vollkommenheit bis zum Nichts, und die Mängel selber sind ein Zeichen des Ueberflusses, an welchem ihr Inbegriff unerschöpft ist.
Es ist zu glauben, daß die angeführten Analogien so viel über das Vorurtheil vermögen würden, den mechanischen Ursprung des Weltgebäudes annehmungswürdig zu machen, wenn nicht noch gewisse Gründe, die aus der Natur der Sache selber hergenommen sind, dieser Lehrverfassung gänzlich zu widersprechen schienen. Der Himmelsraum ist, wie schon mehrmalen gedacht, leer, oder wenigstens mit unendlich dünner Materie angefüllet,
Immanuel Kant: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Johann Friederich Petersen, Königsberg und Leipzig 1755, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Allgemeine_Naturgeschichte_und_Theorie_des_Himmels.djvu/219&oldid=- (Version vom 31.7.2018)