auf deren Beyfall man nicht rechnen darf, die Richtigkeit dieser Theorie verkennen könte, wenn die Uebereinstimmungen, die der Weltbau in allen seinen Verbindungen zu dem Nutzen der vernünftigen Creatur hat, nicht etwas mehr, als blosse allgemeine Naturgesetze zum Grunde zu haben schienen. Man glaubt auch mit Recht, daß geschickte Anordnungen, welche auf einen würdigen Zweck abzielen, einen weisen Verstand zum Urheber haben müssen, und man wird völlig befriedigt werden, wenn man bedenkt, daß, da die Naturen der Dinge keine andere, als eben diese Urquelle erkennen, ihre wesentliche und allgemeine Beschaffenheiten eine natürliche Neigung zu anständigen und unter einander wohl übereinstimmenden Folgen haben müssen. Man wird sich also nicht befremden dörfen, wenn man zum gewechselten Vortheile der Creaturen gereichende Einrichtungen der Weltverfassung gewahr wird, selbige einer natürlichen Folge aus den allgemeinen Gesetzen der Natur beyzumessen denn was aus diesem herfliesset, ist nicht die Wirkung des blinden Zufalles oder der unvernünftigen Nothwendigkeit: es gründet sich zuletzt doch in der höchsten Weisheit, von der die allgemeinen Beschaffenheiten ihre Uebereinstimmung entlehnen. Der eine Schluß ist ganz richtig: Wenn in der Verfassung der Welt, Ordnung und Schönheit hervorleuchten; so ist ein Gott. Allein, der andere ist nicht weniger gegründet: Wenn diese Ordnung aus allgemeinen Naturgesetzen hat herfliessen können; so ist die ganze Natur nothwendig eine Wirkung der höchsten Weisheit.
Immanuel Kant: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Johann Friederich Petersen, Königsberg und Leipzig 1755, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Allgemeine_Naturgeschichte_und_Theorie_des_Himmels.djvu/232&oldid=- (Version vom 31.7.2018)