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ferner ein großer Teil der Aufwendungen für Reichszwecke, von denen wir die Hälfte mit 25 Millionen ansetzen wollen, und schließlich entfallen heute die Aufwendungen für das Königliche Haus mit 5 Millionen, zusammen 125 Millionen.

Der Ausfall dieser Posten bedeutet die Möglichkeit des Verzichtes auf die Erhebung aller direkten und indirekten Steuern, die, wie wir sahen, 53 und 60, zusammen 113 Millionen einbrachten! Schon vor dem Kriege hätte man bei geordneten Finanzen auf alle direkten und indirekten Steuern verzichten können. Wir sind nun durchaus nicht der Meinung, daß man die direkten und indirekten Steuern ganz abschaffen solle, in vernünftigen Grenzen wirken sie zweifellos einerseits erziehlich, andererseits regulierend. Es ist sicher nicht mehr wie recht und billig, daß das Einkommen aus fundiertem Besitz einer mäßigen, gestaffelten Steuer unterworfen bleibt, der Staat muß ja auch mit seinen Machtmitteln für ungestörten Besitz sorgen; es erscheint ebenso angezeigt, daß Handel und Industrie aus ihren Betriebsgewinnen zu entsprechenden Steuerleistungen herangezogen werden, für sie hat auch der Staat für die Erhaltung und Ausbau der öffentlichen Verkehrswege zu sorgen; eine entsprechende Mindestkopfsteuer für jeden wahlberechtigten Bürger ist ebenfalls eine Forderung der Gerechtigkeit, vom Staate wird auch die Obhut für Sicherheit der Person und des Eigentums verlangt.

Auf dem Gebiete der indirekten Steuern könnte ein kräftiger Ausbau aller reinen Luxussteuern im besten Sinne regulierend wirken, während alle reinen Volks-Nahrungsmittel und -Bedürfnisse von Steuern frei zu halten wären!

Das Ergebnis einer solchen Steuerpolitik wäre weniger in dem hohen finanziellen Ergebnis zu suchen — davon kann keine Rede sein, da sie für die große Masse der Bevölkerung nicht eine wirkliche steuerliche Belastung, sondern nur eine Erinnerung sein soll, daß der Mensch nicht nur Einzelwesen, sondern auch Staatsbürger ist und außer staatsbürgerlichen Rechten auch staatsbürgerliche Pflichten hat. Die Erträgnisse sollen weniger zur Entlastung der werbenden Staatsbetriebe verwendet werden, deren Reinerträgnisse, wie wir gesehen haben, genügen um die ordentlichen Aufwendungen des Staates für Erziehung, Bildung, Rechtspflege, innere Verwaltung usw. zu bestreiten. Sie sollten dafür verwendet werden, besondere Kulturaufgaben des Staates zu fördern, für die im Rahmen des ordentlichen Staatshaushaltes niemals entsprechende Mittel zur Verfügung standen. Ich denke hier in erster Linie an Säuglingsheime, Blinden- und Krüppelanstalten, Kinderhorte, Mutterschutz, Kampf gegen Tuberkulose, gegen

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Gottfried Feder: An Alle, Alle! 1. Heft. Huber, München 1919, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:An_Alle,_Alle!_Heft_1,_1919.djvu/28&oldid=- (Version vom 1.10.2017)