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Auf dem Berg sitzt meine Laima
In dem schmucken Silberstühlchen.

Bald ist Laima eine Gute,
Bald ist Laima eine Böse;
Heute giebt sie sonnenhelle,
Morgen regentrübe Stunden.

Wart nur, Mädchen, fein geduldig!
Deine Laima ist nicht müßig;
Deine Laima reitet täglich,
Dir ein gutes Heim zu suchen,
Sattelt jeden späten Abend
Ab ihr schaumbedecktes Rößlein.

Einen Hahn hab’ ich geschlachtet
Mit neun Zöpfen für den Uhßing,
Daß gedeihe Gerst’ und Roggen
Und die Rößlein rundlich würden.

Laßt uns Holz im Walde holen.
Laßt es uns dem Uhßing bringen,
Daß er großes Feuer zünde,
Alle Welt daran erwärme!
Leben bleiben dann die braunen
Pferde und die Apfelschimmel;
Fastnacht droht mit kalten Tagen,
Droht mit eisigem Verderben.

Uhßing ritt hinauf den Hügel,
Steinern war sein starkes Roß;
Blätter brachte er den Bäumen,
Grünes Kleid der Erdenmutter.

Uhßing hat zwei starke Söhne,[1]
Alle beide gleichen Alters.

  1. Sonne und Mond.
Empfohlene Zitierweise:
Victor von Andrejanoff: Lettische Volkslieder und Mythen. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1896, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:AndrejanoffLettischeVolkslieder.pdf/34&oldid=- (Version vom 11.1.2019)