Seite:Anmerkungen übers Theater.pdf/22

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weißt du es, hast du ihn handeln sehen? Sey es also, daß Drama nothwendig die Handlung mit einschließt, um mir die Beschaffenheit anschaulich zu machen: ist darum Handlung der letzte Entzweck, das Principium? Er fährt fort: „Sie (die handelnden Personen) sind nach ihren Sitten von einer gewissen Beschaffenheit, nach ihren Handlungen aber glücklich oder unglücklich. Sie sollen also nicht handeln, um ihre Sitten darzustellen, sondern die Sitten werden um der Handlungen willen mit eingeführt“ (Aristoteles konnte nichts anders lehren, nach den Mustern, die er vor sich hatte, und deren Entstehungsart ich unten aus den Religionsmeynungen klar machen will. Eben hier ist die unsichtbare Spitze, auf der alle herrliche Gebäude des griechischen Theaters ruhen: auf der wir aber unmöglich fortbauen können) „Die Begebenheiten, die Fabel ist also der Entzweck der Tragödie, denn ohne Handlungen würde es keine Tragödie bleiben, wohl aber ohne Sitten.“ (Ohnmöglich können wir ihm hierinn Recht geben, so sehr er zu seiner Zeit recht gehabt haben mag. Die Erfahrung ist die ewige Atmossphäre des strengen Philosophen, sein Räsonnement kann und darf sich keinen Nagelbreit drüber erheben, so wenig als eine Bombe ausser ihrem berechneten Kreise fliegen

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Jakob Michael Reinhold Lenz: Anmerkungen übers Theater. Weygandsche Buchhandlung, Leipzig 1774, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Anmerkungen_%C3%BCbers_Theater.pdf/22&oldid=- (Version vom 31.7.2018)