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des Distriktes verlangen jetzt von ihnen, daß sie mit ihrer Unterschrift bescheinigen, sie hätten freiwillig den Islam angenommen. Die Einwohner des Dorfes Antscherti mußten ebensalls eine Erklärung in gleichem Sinne unterzeichnen. Es ist unötig hinzuzufügen, daß diesen Konvertiten muhammedanische Namen gegeben wurden, und daß man gegenwärtig von ihnen verlangt, gegenseitig verwandtschaftliche mit ihren neuen Glaubensgenossen zu knüpfen.

In dem Dorf Gamaragab wurde die Kirche Surp-Asdvadzadzin und die Kapelle Surp-Kevork aller ihrer Reichtümer, bestehend in heiligen Geräten, Priestergewändern u. s. w. beraubt. Die Bilder der heiligen Jungfrau und anderer Heiliger der Kirchen wurden zerfetzt und der Altar verwüstet.

Die Plünderer führten alsbald die Dorfleute, die sie mit ihren Waffen bedrohten, in die Kirche, wo nach der Entweihung des Heiligtums und der heiligen Geräte ein gewisser Ali Effendi, Lehrer an der türkischen Schule des Orts, den Glockenturm bestieg um das Ezan-Gebet auszurufen und das ganze Volk gezwungen wurde, das Namaz-Gebet zu sprechen. Die ganze Bevölkerung von Gamaragab wurde gezwungen, Turbane zu tragen, die Frauen, ihr Gesicht mit Schleiern zu bedecken, wie es die türkischen Frauen thun.

Fünfundzwanzig armenische Jungfrauen wurden gezwungen, Türken zu heiraten. Der Priester Der-Garabeth von der Kirche des Ortes, den man ebenfalls zwang, sich zur Moschee zu begeben, erkrankte infolge der Aufregung, die durch die ausgestoßenen Drohungen verursacht wurden.

Während der Massacre in den Dörfern des Distriktes Tschemeschgazak die im Lauf des Monats September stattfanden, wurden die Kirchen der Dörfer Miadun und Paghapun geplündert und angezündet. Der Priester Der-Nischan von der Kirche zu Miadun wurde umgebracht und sein Leib verbrannt; eine Schaar christlicher Frauen des Dorfes stürzte sich, um der Schändung zu entgehen, in den Euphrat, indem sie es zugleich mit ihren Töchtern vorzogen, sich so den Tod zu geben.

In den Dörfern Gameri, Siana, Murnali, Morschka, Beyretil, Bahdjedjik, Mezire und Kharassar wurden die Kirchen geplündert und verwüstet. Die Einwohner des Dorfes Gameri wurden durch Drohungen gezwungen, den Islam anzunehmen und auf der Stelle beschnitten. Unter den letztern befand sich der Priester Der-Dadjad von der Kirche des Ortes, den man zwang, eine junge Muhammedanerin zu heiraten.

4. Während des Massacres zu Arabkir, welches am 6. November begann und volle zehn Tage dauerte, wurden die 3 prachtvollen Kirchen Surp-Agap, Surp-Kevork und Surp-Loussavoritsch geplündert, profaniert und angezündet, eine Kapelle, vier Schulen und zwei Kirchen der armenischen Protestanten hatten dasselbe Schicksal, während die armenische Kathedrale vollständig geplündert wurde. Sechs armenische Priester wurden getötet, unter ihnen der Archimandrit Krikor Aprahamian, die beiden Brüder Der-Megherditsch und Der-Keghani Chamlian, Priester und Der-Nerses Baltayan, Der-Kurken Yazidjian, Der-Tornik Pakhtikian, ebenfalls Glieder des Clerus. Der Priester Der-Hussik, Metropolitan ad interim, wurde zusammen mit seinen sieben kleinen Kindern arretiert und befindet sich noch im Gefängnis. Gegen 20 Christen haben aus Furcht den Islam angenommen. Eine große Zahl von Frauen und jungen Mädchen wurde geschändet, unter ihnen befindet sich eine

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Johannes Lepsius: Armenien und Europa. Eine Anklageschrift. Verlag der Akademischen Buchhandlung W. Faber & Co., Leipzig 1897, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Armenien_und_Europa._Eine_Anklageschrift.pdf/210&oldid=- (Version vom 10.12.2022)