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 Abendlandschaft.

„Ach, daß auch wir schliefen!
Die blühenden Tiefen,
Die Ströme, die Auen,
So heimlich aufschauen,

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Als ob sie all’ riefen:

„Dein Liebchen ist todt!“
Unter Rosen roth,
Ach, daß wir auch schliefen!“

„Hast doch keine Schwingen,

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Durch Wolken zu dringen!

Mußt immerfort schauen
Die Ströme, die Auen –
Die werden Dir singen
Von ihr Tag und Nacht,

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Mit Wahnsinnes-Macht

Die Seele umschlingen.“

So singt, wie Syrenen,
Von hellblauen, schönen
Vergangenen Zeiten

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Der Abend von weiten,

Versinkt dann in Tönen,
Erst Busen dann Mund,
Im blühenden Grund –
O schweige, Syrene!

Empfohlene Zitierweise:
Joseph von Eichendorff: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Vereinsbuchhandlung, Berlin 1826, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_dem_Leben_eines_Taugenichts_und_das_Marmorbild.djvu/234&oldid=- (Version vom 31.7.2018)