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 Morgenlied.

Ein Stern still nach dem andern fällt
Tief in des Himmels Kluft,
Schon zucken Strahlen durch die Welt,
Ich wittre Morgenluft.

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In Qualmen steigt und sinkt das Thal;

Verödet noch vom Fest,
Liegt still der weite Freudensaal,
Und todt noch alle Gäst’.

Da hebt die Sonne aus dem Meer

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Erathmend ihren Lauf:

Zur Erde geht, was feucht und schwer,
Was klar, zu ihr hinauf.

Hebt grüner Wälder Trieb und Macht
Neurauschend in die Luft,

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Zieht hinten Städte, eitel Pracht,

Blau’ Berge durch den Duft.

Spannt aus die grünen Tepp’che weich,
Von Strömen hell durchrankt.
Und schallend glänzt das frische Reich,

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So weit das Auge langt.


Der Mensch nun aus der tiefen Welt
Der Träume tritt heraus,
Freut sich, daß alles noch so hält,
Daß noch das Spiel nicht aus.

Empfohlene Zitierweise:
Joseph von Eichendorff: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Vereinsbuchhandlung, Berlin 1826, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_dem_Leben_eines_Taugenichts_und_das_Marmorbild.djvu/242&oldid=- (Version vom 15.5.2018)