doch den reichen Kaufmann rührte das nicht, er hielt seine Speicher verschlossen und verkaufte nichts. Ein alter Mann sagte zu ihm:
„Haben Sie nicht aus Gottes Wort gehört, daß Joseph in Aegypten in den sieben fetten Jahren das Korn aufkaufte, und es dann in den sieben trockenen Jahren wieder verkaufte?“
„Und wenn das Korn sieben Jahre in meinen Speichern liegen soll“, antwortete der Kaufmann, „ich verkaufe es nicht früher, als bis der Scheffel hundert Taler kostet!“
Die Teuerung dauerte sieben Jahre. Am ersten Tage des achten Jahres las der Kaufmann in der Zeitung, daß das Korn hundert Taler den Scheffel kostete. Da schickte er seine Knechte auf die Speicher, daß sie die Luken öffneten und das Korn umschütteten, denn nun wollte er es verkaufen. Aber als die Knechte mit dem Umschütten anfingen, bekamen die Körner Flügel und flogen in dichten Schwärmen als Mücken aus den Luken heraus und erfüllten die ganze Stadt, so daß die Menschen kaum hindurchkommen konnten. Als der Kaufmann dann auf die Speicher kam, um nach seinem Korn zu sehen, waren sie leer und kein Korn mehr da. Da war er ein armer Mann und es dauerte nicht lange, so mußte er Bankerott machen. Das war die Strafe dafür, daß er so hartherzig war und nicht genug bekommen konnte.
Es war einmal ein Schmied, der hatte eine alte, sehr häßliche Frau. Er wäre sie gerne los gewesen, um sich wieder mit einem jungen, hübschen Mädchen verheiraten zu können, aber sie starb nicht, und totschlagen durfte er sie nicht, und abkaufen wollte sie ihm auch keiner. Da kam eines Tages ein Geselle zu ihm, und als der hörte, daß der Schmied gerne eine junge Frau haben wollte, sagte er: „Meister, wenn Sie wollen, so mache ich, daß Ihre
Friedrich Lorentz: Aus dem Märchenschatz der Kaschubei. Fuchs & Cie., Danzig 1930, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_dem_M%C3%A4rchenschatz_der_Kaschubei.djvu/22&oldid=- (Version vom 31.7.2018)