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weiterhin längs dem Strande gelagert. Von einem Blocke am äußersten Ende des Kaps, der von den Wellen umspült wurde und auf dem ich rastete, konnte man den ganzen Strand bis Domesnäs hin überschauen, denn Markgrafen ist das zweitgrößte Kap Kurlands am Rigaschen Meerbusen. In der Nähe landeten einige Böte vom beutearmen Fischzuge. Hinter mir erhob sich im Dünenfichtenwalde der Leuchtturm. Über felsiges Gestein ging der Weg weiter. Es war schönes, sonniges Wetter. Fast regungslos lag das unendliche Meer vor mir. Am Himmelsrande zogen Wolken auf. In einer Bucht wurde die Flut vom Winde sanft gekräuselt. Unten am Ufer glitzerten dort zwischen den vielen Steinen die Wellen im Sonnenscheine, als ob sie reines Silber wären. In der Ferne zog sich in gerader Linie längs dem Meere der Dünenwald hin, hinter dem der langgestreckte, schilf- und entenreiche Angernsche See liegen mußte. Die Gegend bei der nächsten kleinen Bucht mit den breiten, sumpfigen Ufern, den Häusern auf den sandigen Dünen, wo einige krüppelige Kiefern standen, mit der Windmühle auf der Anhöhe, erinnerte mich lebhaft an die Landschaften der holländischen Maler vergangener Zeiten. Hin und wieder schaukelten sich auf dem Wasser Schiffe. Bei Kuddjenieken („die Schiffsleute“), wo ein Kanal aus dem nahen Angernschen See ins Meer floß, wurde eins gebaut. Der Fichtenwald trat hier wieder näher ans Ufer heran. Im Dünenwalde gab es viele Beeren. Weiterhin war das Ufer mit Gras bewachsen. Möwen und Taucher flogen in Menge vorüber. Beim nächsten Fischerdorfe Lepsten wurde in 3 Segelschiffe Holz verladen. Vor Bährfendorf hör­ten die Steine am Ufer wieder ganz auf. In nächster Nähe der See lag auf flachen Dünen ein ärmlicher Friedhof, wo einige Laubbäume die Gräber beschatteten. Hier, wo die Wellen beim Sturme die Grabhügel benetzten, mußte es schön zu ruhen sein! Im Dorfe befand sich eine Strandwache. Die

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Edgar Baumann: Im Gottesländchen. In Kommission bei Kluge und Ströhm [et al.], Reval [et al.] 1904, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BaumannImGottesl%C3%A4ndchen.pdf/69&oldid=- (Version vom 12.12.2020)