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wie ein Gott, setzte sich der gute Mann zu Tische, und erfreute sich nach lang entbehrter Ruhe, in der Stille und in der Einsamkeit an einem Glase Wein; doch der Gedanke, wie, wenn dieser Freund treulos an dir gehandelt hätte, fing an, ihn nach und nach zu beunruhigen. Ein anonymer Brief wird ihm eingehändiget. „Sie sind betrogen,“ lauteten die Worte, „schaffen Sie Ihr Vieh weit hinweg, heute Nacht um 12 Uhr erscheinet ein starkes Kommando, um dieses in Beschlag zu nehmen; retten Sie!“ Wem nun trauen – was anzufangen? Doch den letztern Rath befolgend, erfolgte sogleich der Befehl an alle Untergebene, das Vieh schleunigst wieder in die Wälder zu schaffen. Und wirklich um 11 Uhr des Nachts erschien ein starkes Commando, um den größten Theil des Viehes in Empfang zu nehmen. Auf des Amtsverwalters Versicherung, daß von demselben nichts da sey, daß schon alles Vieh abgeliefert und fortgetrieben sey, erwiederte der Offizier, „er wisse wohl, daß in diesem und jenem Vorwerke noch Vieh verborgen wäre;“ aus Vorsorge hatte einer der Verwalter einiges inne behalten. – Nothgedrungen mußte sich der Pachter mit auf den Weg machen; der Offizier übernahm zu seiner Legitimation nur einige Stücke, die ihm jener gern und willig überließ. „Freund! Sie waren schändlich verrathen!“ flüsterte ihm der scheidende Offizier zu – und dieser war auch einer der ehemals Einquartirten. –

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Carl Baumann: Kriegs- und Familienscenen 1813. , Dresden 1815, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Baumann_Kriegs-_und_Familienscenen_1813.pdf/111&oldid=- (Version vom 11.9.2022)