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Komme ich auf unsere Lage zurück: so erhob sich jetzt vor unsern Augen ein erbarmungswürdiges Schauspiel! hoch, vom Döltschner steilsten Berge herab flüchteten sich Männer, Weiber, Kinder und Greise. Manche trugen unter den Armen ein elendes gerettetes Stückchen Federbette; andere führten nur ihre Kinder; mehrere keuchten unter der Last ihrer sogenannten Laden; aber einer trug auf seinem Rücken die Bürden des kranken sterbenden Weibes. Unsere Mühle nahm letztern und mehrere auf, enger und enger wurde der Raum in unserm gemeinschaftlichen Zimmer, und nur im großen weiten Mühlhause schöpften wir frischen Athen.

Der Abend nahete in der tödtensten Langeweile, in der bängsten Unruh des ungewissen Schicksals, denkend, doch uns unbewußt; rings am Horizonte flammte die Gluth und bestätigte abermals den scheidenden schrecklichen Tag; du aber, o Nacht! warest nicht geschaffen Trost, Beruhigung und Muth uns Vernichteten zu gewähren, um diese in unserer Brust wohlthuend niederzusenken! – Hallend seufzten die Töne der Sterbenden wieder, – ach von des Lebens Nichtigkeit waren wir schon seit Tagen überzeugt, doch die geschäftigen Frauen umgaben die Kranke, ihre Todesstunde ihr zu erleichtern; in der Mitternachtsstunde löste sich der Geist, ein Kriegsopfer war abermals vollbracht, und in Rührung und Gebete umgaben jene das Todtenlager;

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Carl Baumann: Kriegs- und Familienscenen 1813. , Dresden 1815, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Baumann_Kriegs-_und_Familienscenen_1813.pdf/93&oldid=- (Version vom 11.9.2022)