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Höhle am Proitschenberge ihre Gottesdienste ab und gelobten, wenn sie sich mit ihrem Vermögen nach Polen retten könnten, alljährlich an einem Tage an dieser Stelle eine reichliche Gabe zu verteilen. Ihr Wegzug mußte geglückt sein, denn als 400 Jahre später ein Budissiner Bürger die Höhle betrat, sah er sieben Männer in polnischer Judentracht um eine runde Tafel sitzen und in Goldstücken wühlen. Als er bestürzt zurückkehren wollte, rief einer der Männer ihm zu, er solle sich nicht fürchten, sie wollten ihm nicht Böses, sondern Gutes tun und jeden, den sie an diesem Tage hier treffen würden, mit Gold beschenken; er solle sich nur soviel nehmen, wie er wolle. Dies ließ er sich nicht zweimal sagen, steckte sich die Taschen voll und entfernte sich dankend. Von diesem Reichtum kaufte sich Gotthelf Arnst, so hieß der Bürger, den sogenannten Weinberg bei Budissin, den später ein gewisser Steinberger ausbaute.

17. Der Schwarze und der Arme.

Einst war am Proitschenberg ein Häuschen, in welchem niemand wohnen wollte. Jedem, der sich darin niederließ, starben die Kinder; deshalb blieb es schließlich unbewohnt. Einmal kam ein Armer mit seiner Familie in das Häuschen und sagte: „Helfe Gott dem, der in diesem Hause weilt!" Da antwortete ihm der Schwarze[WS 1]: „Was willst du?” Der Arme klagte dem Schwarzen seine Not und dieser befahl, seine Frau solle jeden Sonnabend die Stube wohl reinigen und auf die Kinder achtgeben, daß sie nicht auf den Ofen kriechen. Die Frau tat getreulich, wie ihr befohlen und alles ging gut. Als der Winter kam, wurde jedoch die Not täglich größer. Als sie einst beim Abendessen ihre letzten Kartoffeln trocken mit Salz verzehrten, klagten sie einander ihre Armut. Der Teufel hörte es, kroch unsichtbar aus dem Ofen und flüsterte dem Manne ins Ohr: „Sei Weihnachten nachts 12 Uhr am Scharfrichterteiche, rode die größte Eiche aus und grabe unter ihr ein Loch, dort wirst du einen Schatz finden, jedoch schweige und verrate es niemandem." — Weihnachten war gekommen. Der Arme eilte im tiefen Schnee nach dem Schinderteiche, die Eiche stürzte und er fand einen kupfernen Kessel voller Goldstücke, welchen er hinter seinem Häuschen in einer Kluft des Felsens verbarg. Nun war aller Not abgeholfen, denn das Gold nahm nicht ab. Die Frau aber gab nicht mehr auf die Kinder acht und diese traten oft um den Ofen herum, was den Schwarzen ärgerte. Eines Abends kroch er aus dem Ofen und sagte zu dem Manne: „Weißt du nicht, was ich dir geboten habe, morgen müssen deine Kinder sterben.“ Am nächsten Morgen starben alle drei Kinder auf einmal. Der Arme aber war noch nicht belehrt. Als nun die Leute und seine neugierige Frau ihn mit beständigen Fragen quälten, plauderte er endlich auch noch sein Geheimnis aus. Wieder trat der Schwarze zu ihm und sagte: „Entfliehe aus diesem Hause, sonst bist

du morgen tot.” Erschrocken entfloh er aus dem Hause und mußte bettelnd durchs Wendenland gehen, da er in der Eile vergessen hatte, den Kessel mit dem Schatze mitzunehmen. Das Häuschen ist verschwunden, der Kessel jedoch in einer Kluft des Proitschenberges eingeschlossen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Eine historische Bezeichnung für den Teufel, der in früheren Darstellungen oftmals als schwarze Gestalt dargestellt wurde.
Empfohlene Zitierweise:
: Bautzener Sagen. Verlag Johannes Vieweg, Leipzig 1924, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bautzener_Sagen.pdf/9&oldid=- (Version vom 1.10.2023)