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verschmerzen können, war ja meine Liebe nicht gewesen: dazu hatte unser Zusammensein zu kurz gedauert. Wir hatten uns angebetet, wie ein paar feurige Verliebte; aber Herz in Herz, Geist in Geist aufgegangen, in gegenseitiger Hochachtung und Freundschaft fest verbunden, wie dies manche Eheleute nach langen Jahren geteilter Leiden und Freuden sind, – das waren wir beide nicht gewesen. Auch ich war ja sein Höchstes, sein Unentbehrlichstes nicht; wäre er sonst so frohgemut und ohne zwingende Pflicht – sein Regiment hat niemals ausrücken müssen – fort von mir? Zudem war ich in den vier Jahren allmählich eine Andere geworden; mein geistiger Gesichtskreis hatte sich in vielem erweitert; ich war in den Besitz von Kenntnissen und Anschauungen gelangt, von welchen ich zur Zeit meiner Verheiratung keine Ahnung gehabt und von welchen auch Arno – das wußte ich jetzt zu beurteilen – sich keinen Begriff gemacht und so hätte er meinem jetzigen Seelenleben – wäre er auferstanden – in mancher Richtung fremd gegenüber gestanden.

Wieso diese Wandlung mit mir geschehen? Das ist so gekommen:

Ein Jahr meiner Witwenschaft war verstrichen, die Verzweiflung – erste Phase – in Trauer übergegangen. Aber noch in eine sehr tiefe, herzblutende Trauer. Von einer Wiederanknüpfung geselliger Verbindungen wollte ich durchaus nichts wissen. Ich meinte, fortan müsse mein Leben nur noch mit der Erziehung meines Sohnes Rudolf ausgefüllt sein. Nie mehr nannte ich das Kind „Ruru“ oder „Korporal;“

Empfohlene Zitierweise:
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/073&oldid=- (Version vom 31.7.2018)