wärest nicht zu Hause … ich aber antwortete, daß ich auf Dich warten wollte … Guten Tag, Tilling! Nach Ihrem gestrigen Abschied bin ich sehr überrascht, Sie hier zu finden –“
„Meine Abreise ist wieder aufgehoben, Excellenz, und da kam ich –“
„Meiner Tochter eine Antrittsvisite machen? Schön. Und jetzt wisse, was mich zu Dir führt, Martha. Es ist eine Familienangelegenheit …“
Tilling stand auf:
„Dann störe ich vielleicht?“
„Meine Mitteilung hat ja keine solche Eile.“ –
Ich wünschte Papa samt seiner Familienangelegenheit zu den Antipoden. Ungelegener hätte mir keine Unterbrechung kommen können. Tilling blieb jetzt nichts Anderes übrig, als zu gehen. Aber nach dem, was eben zwischen uns vorgefallen, bedeutete Entfernung keine Trennung: unsere Gedanken, unsere Herzen blieben bei einander.
„Wann seh’ ich Sie wieder?“ fragte er leise, als er mir zum Abschied die Hand küßte.
„Morgen um neun Uhr früh im Prater, zu Pferd,“ antwortete ich rasch im selben Tone.
Mein Vater grüßte den Fortgehenden ziemlich kalt, und nachdem sich die Thür hinter ihm geschlossen:
„Was soll das bedeuten?“ fragte er mit strenger Miene. „Du lässest Dich verleugnen – und ich finde Dich in tête-à-tête mit diesem Herrn?“
Ich wurde rot – halb in Zorn, halb in Verlegenheit.
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/157&oldid=- (Version vom 31.7.2018)