einer Linie mit Erdbeben und Wassernot zu nennen – daher auch so wenig als möglich daran zu denken. Aber ich konnte mich in diese Auffassung nicht mehr finden. Jene Frage: „Muß es denn sein?“ von welcher einst Friedrich gesprochen, die hatte ich mir mit Bezug auf den Krieg oft mit „nein“ beantwortet; und statt Resignation empfand ich dann Schmerz und Groll – ich hätte ihnen allen zurufen wollen: „Thut es nicht! – thut es nicht!“ Dieses Schleswig-Holstein und die dänische Verfassung – was ging denn das uns an? Ob der „Protokoll-Prinz“ die Grundgesetze vom 13. November 1863 aufhob oder bestätigte – was war denn das uns? Aber da waren alle Blätter und Gespräche nur immer voll von Erörterungen über diese Frage, als wäre das das Wichtigste, Entscheidendste, Weltumwälzendste, was sich denken läßt, sodaß die Frage: „Sollen unsere Männer und Söhne totgeschlagen werden oder nicht?“ daneben gar nicht aufkommen durfte. Nur einigermaßen versöhnen, wenn mir nämlich der Begriff „Pflicht“ so recht vor die Seele trat. Nun ja: – wir gehörten zum deutschen Bunde und mit den verbündeten deutschen Brüdern im Verein mußten wir für die Rechte unterdrückter deutscher Brüder kämpfen. Das Nationalitätsprinzip war vielleicht doch etwas, das mit elementarer Kraft Bethätigung erheischte – von diesem Standpunkte aus also mußte es sein … Beim Anklammern an diese Idee ließ der schmerzliche Groll in meiner Seele ein wenig nach. Hätte ich voraussehen können, wie zwei Jahre später diese ganze deutsche Verbrüderung in bitterste Feindschaft sich auflösen sollte; wie dann
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/195&oldid=- (Version vom 31.7.2018)