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politischer Hinsicht zwar sehr klerikal gesinnt war, in praktischer Hinsicht jedoch durchaus nicht mit seiner Schwester sympatisierte, „ich habe aus Wien den Doktor Braun verschrieben, und der hat Dich gerettet.“

Am nächsten Tage, auf mein dringendes Bitten, wurde mir gestattet, sämtliche von Friedrich eingelaufenen Sendungen durchzulesen. Zumeist waren es nur zeilenlange Anfragen oder ebenso lakonische Berichte: „Gestern Gefecht – bin unversehrt.“ – „Marschieren heute weiter – Depeschen zu adressieren nach * * *.“ Ein längerer Brief trug auf dem Umschlag den Vermerk: „Nur zu übergeben, wenn jede Gefahr vorüber ist.“ Diesen las ich zuerst:

„Mein Alles! Ob Du dieses jemals lesen wirst? Die letzte Nachricht, die ich von Deinem Arzt erhalten, meldete: Patientin in heftigem Fieber: Zustand bedenklich. „Bedenklich“ – den Ausdruck hat der Mann vielleicht aus Schonung gebraucht, um nicht zu sagen „hoffnungslos“ … Wenn Dir dieses eingehändigt wird, so weißt Du ja, daß Du der Gefahr entronnen bist; aber Du mögest denn nachträglich erfahren, wie mir zu Mute war, während ich – am Vorabend einer Schlacht – mir vorstellte, daß mein angebetetes Weib im Sterben liegt. Daß sie nach mir ruft – die Arme nach mir ausstreckt … Wir hatten uns ja nicht einmal ordentlich Lebewohl gesagt … Und unser Kind, auf das ich mich so gefreut – tot! Und ich selber morgen – ob mich eine Kugel trifft? Wenn ich vorher wüßte, daß Du nicht mehr bist, so wäre mir die tödliche

Empfohlene Zitierweise:
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/227&oldid=- (Version vom 31.7.2018)