schweben und unserem Schwert die Siegeskraft verleihen. Ein edler Zorn durchglüht mich gegen den frechen Feind, der das Recht der deutschen Lande niedertreten wollte, und es ist mir ein Hochgefühl, diesen Haß befriedigen zu dürfen … das ist ein eigen, geheimnisvolles Ding, dieses Umbringendürfen – nein, Umbringen müssen – ohne ein Mörder zu sein und mit unerschrockener Preisgebung des eigenen Lebens“ …
So faselte der Knabe weiter. Ich ließ ihn reden. Habe ich doch Ähnliches empfunden, als mich die erste Schlacht umtoste. „Episch“ ja, da hat er das richtige Wort getroffen. Die Heldengedichte und Heldengeschichten, mittelst deren uns die Schule zu Kriegern aufzieht, die sind es, welche dann durch den Donner der Geschütze, durch das Blitzen der blanken Waffen und durch das Feldgeschrei der Kämpfer in unserem Hirn zum Vibrieren gebracht werden. Und die Außergewöhnlichkeit, die unverständliche Außergesetzlichkeit, in der man plötzlich sich befindet, die macht, als wäre man in eine andere Welt versetzt … es ist wie ein Ausblick von dem banalen Erdendasein mit seiner friedlichen, bürgerlichen Ruhe, in ein titanisches Gewühl von Höllengeistern … Aber mir war dieser Taumel bald verflogen und nur mühsam kann ich mich in die Empfindungen zurückdenken, wie sie mir der junge Tessow geschildert. Ich habe es zu früh erkannt, daß der Schlachteneifer nichts Übermenschliches, sondern – Untermenschliches ist; keine mystische Offenbarung aus
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/234&oldid=- (Version vom 31.7.2018)