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eines vereinzelten Leidens von Mitgefühl ergriffen ist, daß vertausendfachtes Leid auch tausendmal stärkeres Mitgefühl wecken mußte. Aber das Gegenteil tritt ein: die Massenhaftigkeit stumpft ab. Man kann den einen nicht so heftig bedauern, wenn man um ihn herum 999 ebenso Unglückliche sieht. Aber wenn man auch die Fähigkeit nicht hat, über einen gewissen Grad von Mitschmerz hinaus zu fühlen – zu denken und zu berechnen vermag man es doch, daß die unfaßbare Jammerquantität vorhanden ist –“

„Das vermagst Du und ein paar andere – doch die meisten denken und berechnen nicht.“

„Denken nicht“, wiederholte er. „Gott sei’s geklagt, das ist an allen Übeln schuld: die meisten denken nicht.“ – –


* * *


Es war mir gelungen, Friedrich zu dem Entschlusse zu bewegen, den Dienst zu verlassen. Der Umstand, daß er – nach seiner Verheiratung – noch über ein Jahr gedient und mit Auszeichnung einen Feldzug mitgemacht, schützte ihn vor dem, meinem Vater in der Brautzeit aufgestiegenen Verdacht, daß die ganze Heirat nur den Zweck hatte, seine Laufbahn aufgeben zu können. Jetzt, wenn der Friede, dessen Präliminarien im Gange waren, geschlossen sein würde, und da voraussichtlich lange Jahre des Friedens bevorstanden – jetzt hatte ein Austritt aus dem Militärverband nichts Ehrverletzendes an sich. Zwar wiederstrebte es noch einigermaßen Friedrichs Stolz, auf

Empfohlene Zitierweise:
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 1, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/250&oldid=- (Version vom 31.7.2018)