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müde, die Fragen, welche seine erwachende Wißbegier an uns stellte, zu beantworten. Zu beantworten so gut und so weit wir konnten. Auf Lügen ließen wir uns nicht ein. Wir scheuten uns nicht, solche Fragen, auf die wir keinen Bescheid wußten – auf die kein Mensch Bescheid weiß – mit einem aufrichtigen „das weiß man nicht, Rudi“ zu beantworten. Anfänglich geschah es, daß Rudolf, mit solcher Antwort nicht zufrieden, seine Frage nochmals bei Tante Marie, bei seinem Großvater oder bei – der Kinderfrau vorbrachte, und da wurden ihm stets unzweifelhafte Aufschlüsse zu teil. Triumphierend kam er dann zu uns: „Ihr wißt nicht, wie alt der Mond ist? Ich weiß es jetzt: sechs tausend Jahre – merkt euch das.“ Friedrich und ich wechselten einen stummen Blick. Ein ganzes Buch voll pädagogischer Klagen und Bedenken lag in diesem Blick und diesem Schweigen.

Besonders unliebsam war mir die Soldatenspielerei, welche sowohl mein Vater wie mein Bruder mit dem Kleinen trieben. Die Begriffe von „Feind“ und von „Dreinhauen“ wurden ihm beigebracht, ich weiß gar nicht wie. Eines Tages kamen wir dazu, Friedrich und ich, wie Rudolf mit einer Reitgerte unbarmherzig auf zwei wimmernde junge Hunde einhieb.

„Das ist ein falscher Italiener,“ sagte er, auf das eine der armen Tierchen ausholend, „und das“ – auf das andere – „ein frecher Däne“.

Friedrich riß dem Nationenzüchter die Gerte aus der Hand:

„Und das ist ein herzloser Österreicher,“ sagte

Empfohlene Zitierweise:
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 1, Seite 248. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/253&oldid=- (Version vom 31.7.2018)