zubringen werde. Ich konnte nicht nein sagen – doch aufrichtig: mir ist gegenwärtig jede Gesellschaft lästig. Allein, allein will ich sein, mit meiner Sehnsucht nach Dir, deren Umfang ja doch Niemand Anderer ermessen kann … Nächste Woche soll Otto seine Ferien antreten. Er jammert in jedem Briefe, daß der Krieg noch vor und nicht erst nach seiner Offiziersernennung begonnen hat. Er hofft zu Gott, daß der Friede nicht noch vor seinem Austritt aus der Akademie – ausbreche. Das Wort „ausbrechen“ wird er vielleicht nicht gebraucht haben, aber jedenfalls entspricht es seiner Auffassung, denn der Frieden erscheint ihm jetzt als eine drohende Kalamität. Nun freilich: so werden sie ja groß gezogen. So lange es Kriege gibt, muß man kriegliebende Soldaten heranziehen; und so lange es kriegliebende Soldaten gibt, muß es auch Kriege geben … Ist das ein ewiger, ausgangsloser Cirkel? Nein, Gott sei Dank! Denn jene Liebe, trotz aller Schuldrillung, nimmt beständig ab. Wir haben in Henry Thomas Buckle den Nachweis dieser Abnahme gefunden, erinnerst Du Dich? Aber ich brauche keine gedruckten Nachweise – ein Blick in Dein Herz, Dein edelmenschliches Herz, Friedrich, genügt mir zu dieser Beweisführung … Weiter mit den Nachrichten: Von unseren in Böhmen begüterten Verwandten und Bekannten erhalten wir allseitig Jammerepisteln. Der Durchmarsch der Truppen – auch wenn sie zum Siege gehen – verwüstet schon das Land und saugt es aus; wie wenn erst noch der Feind vordringen sollte, wenn
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/029&oldid=- (Version vom 31.7.2018)