machten sich neuerdings auf den Weg, um vielleicht doch noch einige der versteckten Dorfbewohner aufzustöbern. Es gelang. Aus den Trümmern krochen hier und da ein paar Bauern hervor – zuerst störrisch und mißtrauisch; als jedoch Doktor Bresser sie in ihrer Muttersprache anredete und Frau Simon mit ihrer sanften Stimme ihnen zusetzte, ließen sie sich herbei, ihre Dienste zu leihen. Es hieß vor Allem, noch sämtliche anderen versteckten Einwohner auftreiben, damit sie bei der Arbeit behilflich seien: die umherliegenden Toten begraben, die Brunnen in Stand setzen, um für die Lebenden Wasser zu schöpfen; die auf den Wegen zerstreuten Feldkessel zusammensuchen, um Geschirre zu schaffen; die Tornister der Gestorbenen und Gefallenen ausleeren und die darin befindliche Wäsche für die Verwundeten verwenden. Jetzt kam auch ein preußischer Stabsarzt mit Leuten und Hilfsmitteln an – und so konnte endlich mit einigem Erfolg daran gegangen werden, den Unglücklichen Hilfe zu bringen. Nun war auch für mich der Augenblick gekommen, da ich vielleicht Denjenigen finden würde, auf dessen vermeintlichen Ruf ich die unselige Fahrt unternommen; dieser Gedanke peitschte meine gebrochenen Kräfte wieder einigermaßen auf.
Frau Simon begab sich in Begleitung des preußischen Stabsarztes vorerst in das Schloß, wo die meisten Verwundeten lagen. Doktor Bresser wollte die übrigen Räume des Dorfes durchsuchen. Ich zog es vor, mich dem Freunde anzuschließen und ging mit diesem. Daß Friedrich in dem Schlosse nicht lag,
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/092&oldid=- (Version vom 31.7.2018)