den Krieg beigebracht werden. Aus seinen Antworten ging ungefähr folgendes hervor: Der Krieg wird als ein notwendiges Übel hingestellt (also doch Übel – ein Zugeständnis dem Geiste der Zeit), zugleich aber als der vorzüglichste Erwecker der schönsten menschlichen Tugenden, die da sind: Mut, Entsagungskraft und Opferwilligkeit, als der Spender des größten Ruhmesglanzes, und schließlich als der wichtigste Faktor der Kulturentwickelung. Die gewaltigen Eroberer und Gründer der sogenannten Weltreiche – die Alexander, Cäsar, Napoleon – werden als die erhabensten Beispiele menschlicher Größe angeführt und der Bewunderung empfohlen; die Erfolge und Vortheile des Krieges werden auf das lebhafteste herausgestrichen, während man die in seinem Gefolge unabweisbar eintretenden Nachteile – Verrohung, Verarmung, moralische und physische Entartung – gänzlich mit Stillschweigen übergeht. – Nun ja; nach demselben System ward ja auch in meinem – im Mädchenunterricht vorgegangen; dadurch war in meinem kindlichen Gemüt die Bewunderung für die Kriegslorbeeren entstanden, die mich einst beseelte. War ich doch selber von Bedauern erfüllt gewesen, daß mir nicht, wie den Knaben, die Möglichkeit winkt, solche Lorbeeren zu pflücken, – konnte ich es nun einem Knaben verargen, daß ihn diese Möglichkeit mit Freude und mit Ungeduld erfüllte?
Und so antwortete ich denn nichts auf Ottos Klageruf, sondern setzte ruhig meine Lektüre fort. Ich las, wie gewöhnlich, eine Zeitung und diese war –
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/116&oldid=- (Version vom 31.7.2018)