nicht mehr der Gattungsname einer augenblicklich bekriegten Nation, es wird synonym mit „Feind“ und faßt allen Abscheu in sich, den dieses Wort ausdrückt.
So geschah es, daß die Leute in der Gegend zitterten, wie vor einbrechenden Wölfen, wenn ein preußischer Quartiermeister daher kam, um Unterkunft für einen Truppenteil zu schaffen. Bei manchen äußerte sich neben der Furcht auch der Haß, und diese wähnten, eine patriotische Pflicht zu erfüllen, wenn sie einem Preußen ’was zu leide thaten – wenn sie aus einem Versteck heraus dem „Feind“ eine Flintenkugel sandten. Es war dies öfters vorgekommen, und wenn man den Schuldigen faßte, wurde er ohne viel Umstände hingerichtet. Diese Beispiele bewirkten, daß die Leute ihren Haß verbissen und die einquartierten Soldaten ohne Widerstand aufnahmen. Dann gewahrten sie zu ihrem nicht geringen Erstaunen, daß der „Feind“ eigentlich aus lauter gutmütigen, freundlichen und ehrlich zahlenden Mitmenschen bestand.
Eines Morgens – es war in den ersten Tagen des August – saß ich im Erker des Bibliothekzimmers und schaute durch die offenen Fenster hinaus. Von hier hatte man einen weiten Fernblick über die Gegend. Mir war’s, als sähe ich von weitem einen Reitertrupp, der sich auf der Landstraße nach unserer Richtung bewegte.
„Preußische Einquartierung“, war mein erster Gedanke. Ich setzte ein im Erker stehendes Fernrohr zurecht und schaute nach dem betreffenden Punkt. Richtig:
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/135&oldid=- (Version vom 31.7.2018)