Indessen wurde es im Hause laut; man hörte hastige Schritte und aufgeregte Stimmen.
„Sie kommen schon, die Windbeutel!“ seufzte mein Vater.
Die Thür wurde aufgerissen und Franz, der Kammerdiener, stürzte herein:
„Die Preußen, die Preußen!“ rief er in dem Tone, wie man „Feuer, Feuer!“ ruft.
„Die werden uns nicht fressen,“ bemerkte mein Vater mürrisch.
„Aber sie bringen einen mit,“ fuhr der Mann mit zitternder Stimme fort, „einen Grumitzer – ich weiß nicht wer – der auf sie geschossen hat – und wer soll auf solches Pack nicht gern schießen? … aber der ist verloren.“ –
Jetzt vernahm man den Laut von Pferdegetrampel mit Stimmengewirr vermengt. Wir traten auf den Flur und schauten durch die nach dem Hof gehenden Fenster. Soeben kamen die Ulanen hereingeritten und in ihrer Mitte – mit trotzigem, bleichem Gesicht – Otto, mein Bruder.
Der Vater stieß einen Schrei aus und eilte die Treppe hinab. Mir stand das Herz still. Was da bevorstand, war entsetzlich. Wenn Otto wirklich auf die preußischen Soldaten geschossen hatte – und das sah ihm sehr ähnlich – … ich vermochte den Fall gar nicht auszudenken …
Dem Vater nachzugehen, fehlte mir der Mut. Trost und Beistand in allen Kümmernissen suchte ich stets nur bei Friedrich. Also raffte ich mich auf, um mich
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/137&oldid=- (Version vom 31.7.2018)