„Aber Martha, mein Kind, solche wilde Gefühle passen doch nicht zu dem gesitteten und humaner gewordenen Stand unserer Kultur.“
„Sage lieber, der Staub unserer Kultur paßt nicht zu der aus alten Zeiten uns überkommenen Wildheit. So lange diese – das heißt so lange der Kriegsgeist nicht abgeschüttelt ist, läßt sich unsere vielgepriesene „Humanität“ nicht vernünftig vertreten. Denn Du wirst doch Deine eben gehaltene Rede, in welcher Du dem Prinzen Heinrich versicherst, daß Du ihn als Schwiegersohn lieben und als Preußen hassen willst, als Menschen hochschätzen und als Oberlieutenant verabscheuen, daß Du ihm gern Deinen väterlichen Segen gibst und zugleich ihm das Recht einräumst, gelegentlich auf Dich zu schießen – verzeih’, lieber Vater, aber diese Rede wirst Du doch nicht für vernünftig ausgeben?“
„Was sagst Du? Ich versteh’ kein Wort …“
Die beliebte Schwerhörigkeit hatte sich wieder rechtzeitig eingestellt.
Nach wenigen Tagen wurde es wieder still auf Grumitz. Unsere Einquartierung mußte abziehen und auch Konrad wurde zu seinem Regiment befohlen. Lori Griesbach und der Minister waren schon früher abgereist.
Die Hochzeit meiner beiden Schwestern ward auf den Oktober verlegt. Beide sollten am selben Tage in Grumitz getraut werden. Prinz Heinrich wollte den
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/151&oldid=- (Version vom 31.7.2018)