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Landeskinder, seid ihr in diesen Krieg geführt worden … Und nicht durch mich … wenn es auch auf meinen Befehl geschehen – hab’ ich denn nicht befehlen müssen? Nicht meinetwillen sind die Unterthanen da – nein, ihretwillen bin ich auf den Thron berufen … und jede Stunde wäre ich bereit, für meines Volkes Wohl zu sterben … O, hätte ich meinem Herzensdrang gefolgt und nimmer „ja“ gesagt, wenn sie Alle um mich herum riefen: „Krieg, Krieg!“ … Doch – konnte ich mich widersetzen? Gott ist mein Zeuge, ich konnte nicht … Was mich drängte, was mich zwang – ich weiß es selbst nicht mehr genau – nur so viel weiß ich – es war ein unwiderstehlicher Druck von außen – von euch selber, ihr toten Soldaten … O wie traurig, traurig, traurig – was habt ihr nicht Alles gelitten und jetzt liegt ihr hier und auf anderen Wahlstätten – von Kartätschen und Säbelhieben, von Cholera und Typhus hingerafft … O hätte ich „nein“ sagen können … du hast mich darum gebeten, Elisabeth … O hätte ich’s gesagt! Der Gedanke ist unerträglich, daß … ach, es ist eine elende, unvollkommene Welt … zu viel, zu viel des Jammers! …

Immer noch, während ich so für ihn dachte, haftete mein Auge an seinen Zügen, und jetzt – ja es war „zu viel, zu viel des Jammers“ – jetzt bedeckte er sein Gesicht mit beiden Händen und brach in heftiges Weinen aus.

So geschehen am Allerseelentag 1866 auf dem Totenfelde von Sadowa.

Empfohlene Zitierweise:
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/178&oldid=- (Version vom 31.7.2018)