„Allerdings könnte ich Ihnen nicht verhehlen, daß zur Erreichung eines solchen Ideals aller praktischer Untergrund fehlt. Man muß mit den vorhandenen Faktoren rechnen. Dazu gehören die menschlichen Leidenschaften, die Rivalitäten, die Verschiedenheit der Interessen, die Unmöglichkeit, sich über alle Fragen zu einigen –“
„Ist auch nicht nötig: wo die Zwistigkeiten beginnen, hat ein Schiedsgericht – nicht aber die Gewalt – zu entscheiden!“
„Einem Tribunal werden sich die souveränen Staaten, werden sich die Völker niemals fügen wollen.“
„Die Völker? Die Potentaten und Diplomaten wollen es nicht. Aber das Volk? Man frage es nur, bei ihm ist der Friedenswunsch glühend und wahr, während die Friedensbeteuerungen, die von den Regierungen ausgehen, häufig Lüge, gleißnerische Lüge sind - oder wenigstens von den anderen Regierungen grundsätzlich als solche aufgefaßt werden. Das heißt ja eben ‚Diplomatie‘. Und immer mehr und mehr werden die Völker nach Frieden rufen. Sollte die allgemeine Wehrpflicht sich verbreiten, so würde in demselben Maße die Kriegsabneigung zunehmen. Eine Klasse von für ihren Beruf begeisterter Soldaten ist noch denkbar: durch ihre Ausnahmestellung, die als eine Ehrenstellung gilt, die ihr für die damit verbundenen Opfer Ersatz geboten; aber wenn die Ausnahme aufhört, hört auch die Auszeichnung auf. Es schwindet die bewundernde Dankbarkeit, welche die Heimgebliebenen den zu ihrem Schutze Hinausgezogenen weihen – weil
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/209&oldid=- (Version vom 31.7.2018)