große Anzahl dieser Frauen Fremde sind. Engländerinnen, Südländerinnen, ja sogar Deutsche – vielleicht Spioninnen darunter! „Nein, nein, jetzt hat die Stadt nur Platz für ihre eigenen Kinder und nur für ihre tugendhaften Kinder!“
Am 28. August kam es noch schlimmer. Wieder eine Ausweisung: binnen drei Tagen hatten alle Deutsche Paris zu verlassen.
Das Gift, das tötliche, langwirkende, welches in dieser Maßregel lag, davon hatten die Rezeptschreiber wohl keine Ahnung: damit war der Deutschenhaß geweckt. Wie lange dieses Unglück noch über den Krieg hinaus furchtbare Früchte tragen sollte – das weiß ich heute. Von da ab waren Frankreich und Deutschland – diese zwei großen, blühenden, herrlichen Länder nicht mehr zwei Nationen, deren Heere einen ritterlichen Zweikampf ausfochten: in das ganze Volk drang der Haß für das ganze gegnerische Volk. Die Feindschaft ward zu einer Institution erhoben, die sich nicht auf die Dauer des Krieges beschränkt, sondern als „Erbfeindschaft“ ihren Bestand unter kommenden Geschlechtern sichert.
Ausgewiesen – binnen drei Tagen die Stadt verlassen müssen –: ich hatte Gelegenheit zu sehen, wie hart, wie unmenschlich hart dieser Befehl manche brave, harmlose Familie traf. Unter den Geschäftsleuten, welche uns zu der Ausstattung unseres Heims Waren lieferten, befanden sich mehrere Deutsche: ein Wagenfabrikant, ein Tapezierer und ein Kunsttischler. Seit zehn bis zwanzig Jahren in Paris niedergelassen,
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 274. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/279&oldid=- (Version vom 31.7.2018)