und nun mußte ich in der fröhlichen, glänzenden Weltstadt das gleiche Jammerbild erschauen – es waren dieselben ängstlichen, trüben Mienen, dieselbe Mühseligkeit und Hast, dasselbe Weh.
Endlich, Gottlob, wieder einmal eine gute Nachricht: Durch englische Vermittelung angeregt, wird in Ferrières eine Zusammenkunft zwischen Jules Favre und Bismarck veranstaltet. Da würde man doch zu einer Einigung, zu einem Friedensschluß gelangen!
Im Gegenteil! Die Kluft wird jetzt erst recht offenbar. Schon seit einiger Zeit wird von den deutschen Zeitungen die Besitznahme von Elsaß-Lothringen befürwortet. Man will das ehemals deutsche Land sich wieder einverleiben. Das historische Argument für den Anspruch auf diese Provinzen zeigt sich nur teilweise haltbar, daneben wird das strategische Argument vorgebracht: „als Bollwerk bei voraussichtlichen, zukünftigen Kriegen unentbehrlich.“ Und bekanntlich sind ja die strategischen Gründe die hochwichtigsten, die unumstößlichsten – daneben darf sich ein ethischer Grund erst in zweiter Linie geltend machen. – Andererseits: die Kriegspartie war von Frankreich verloren worden; war es nicht billig, daß dem Gewinner ein Preis zufiel? Hätten im Falle ihres Erfolges die Franzosen nicht die Rheinprovinzen sich aneignen wollen? Wenn der Ausgang eines Krieges nicht für den einen oder den anderen Teil Gebietserweiterung zur Folge haben soll, wozu wird dann überhaupt Krieg geführt?
Unterdessen läßt das siegreiche Heer im Vormarsche
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 279. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/284&oldid=- (Version vom 31.7.2018)