statt des kriegerischen, ein friedlicher Geist hervorleuchtete. Aber der Edle, der jene Worte an sein Volk erlassen, der Sterbende, der mit dem Aufwand seiner letzten Kraft nach dem Szepter griff, das er handhaben wollte, als wär’s einen Palmenzweig – der blieb machtlos an das Schmerzenslager gefesselt, und nach kurzer Frist war Alles vorbei …
Ob sein Nachfolger – der begeisterungsglühende, der großes wollende – sich für das Friedensideal begeistern wird?? Nichts ist’s unmöglich.
„Mutter, willst Du übermorgen Deine Trauerkleidung nicht ablegen?“
Mit diesen Worten trat heute morgens Rudolf in mein Zimmer. Für übermorgen nämlich – 30. Juli 1889 – ist die Taufe seines erstgebornen Sohnes angesetzt.
„Nein, mein Kind,“ antwortete ich.
„Aber bedenke, an einem solchen Freudenfeste wirst Du doch nicht traurig sein – warum also das äußere Zeichen der Trauer beibehalten?“
„Und Du wirst doch nicht abergläubisch sein und fürchten, das schwarze Kleid der Großmutter könne dem Enkel Unglück bringen?“
„Das wohl nicht – aber es stimmt nicht zu der umgebenden Fröhlichkeit. Hast Du denn einen Eid geschworen?“
„Nein – es ist nur ein gefaßter Vorsatz. Aber
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 310. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/315&oldid=- (Version vom 31.7.2018)