fürchten müßte. – Seid ihr denn nicht da, um des Volkes Willen zur Geltung zu bringen? Und das Volk will die produktive Arbeit, will die Entlastung, will den Frieden …“
„Ich hoffe, lieber Doktor,“ bemerkte der Oberst bitter, „daß Sie niemals Abgeordneter werden; das ganze Haus würde Sie auspfeifen.“
„Mich dem auszusetzen, würde schon beweisen, daß ich nicht feige bin. Gegen den Strom zu schwimmen erfordert die stählerne Kraft.“
„Wenn aber der Ernstfall einträte und man stände unvorbereitet da?“
„Man bereite einen Rechtszustand vor, der den Eintritt des „Ernstfalles“ unmöglich mache. Denn was dieser Fall sein wird, Herr Oberst, von dem kann heutzutage kein Mensch einen klaren Begriff fassen. Bei der Furchtbarkeit der gegenwärtig erreichten und noch immer steigenden Waffentechnik, bei der Massenhaftigkeit der Streitkräfte wird der nächste Krieg wahrlich kein „ernster“, sondern ein – es giebt gar kein Wort dafür – ein Riesenjammer-Fall sein … Hilfe und Verpflegung unmöglich … Die Sanitätsvorkehrungen und Proviantvorkehrungen werden den Anforderungen gegenüber als die reine Ironie sich erweisen; der nächste Krieg, von welchem die Leute so geläufig und gleichmütig reden, der wird nicht Gewinn für die Einen und Verlust für die Anderen bedeuten, sondern Untergang für Alle. Wer hier unter uns stimmt für diesen Ernstfall?“
„Ich allerdings nicht,“ sagte der Minister; „Sie
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 320. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/325&oldid=- (Version vom 31.7.2018)