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An öffentlichen Gebäuden besitzt die Gemeinde eine Kelter mit 3 Pressen für Wein und 1 für Obstmost, ein Armen- und Schafhaus.

Über den Bach führt eine steinerne Brücke und ein Steg, welche die Gemeinde zu unterhalten hat.

Die Einwohner, von mittlerer Konstitution, sind ausdauernd bei der Arbeit. Die häufigsten Krankheiten sind Fieber, vom Volk Rothlauf genannt.

Die frühere Volkstracht mit den Zuckerhutshauben des weiblichen Geschlechts ist abgegangen.

Taufschmäuse und Leichentrünke sind noch in Übung. Bei Taufen und Hochzeiten wird geschossen. Das Räderschlagen zur Johannisfeier ist im Abnehmen begriffen. Tänze kommen meist nur bei der Kirchweihe vor.

Der Vermögensstand der Einwohner ist im Verhältnis zur unmittelbaren Umgebung ein günstiger. Der Vermöglichste hat 36 Mrg., der Mittelmann 20 Mrg., die ärmere Klasse 12 Mrg. Die Ortseinwohner besitzen auf der Markung Crispenhofen 15 Mrg., auf der Markung Sindeldorf 8 Mrg., auf der Markung Ebersthal 6 Mrg.

Die Haupterwerbsmittel sind Feldbau, Viehzucht, Wein- und Obstbau. Die Gewerbe sind unbedeutend und arbeiten nur für den Ortsbedarf. Eine Schildwirthschaft ist vorhanden.

Die kleine, in die Länge gezogene Markung hat vorherrschend schweren, lehmhaltigen und wenig tiefgründigen Boden mit vielen Steinen.

Der Weinbau ist stark zurückgegangen, doch sind neuerdings wieder einige Weinberge angelegt worden.

Die Gemeinde besitzt 80 Morgen gemischten Wald. Jeder Bürger erhält eine Bürgerholzgabe von ca. 1 Rm. vom Ertrag. Der Erlös des übrigen fließt mit 250 M. in die Gemeindekasse.

An Weiden sind neben Stoppel- und Brachweide 26 Morgen in Gebrauch. Die Weide ist gut, das Weiderecht hat die Gemeinde, welche 480 M. jährlichen Pacht und 250 M. Pferchnutzung daraus bezieht. Die Allmanden sind an die Bürger gegen 1 M. verliehen und bringen 31 M. Pacht. Ihre Güterstücke läßt die Gemeinde auf ihre Kosten bauen und erzielt damit jährlich 100 M.

Die Stiftungspflege besitzt ein Vermögen von 4285 M., aus dessen Zinsen die Kultkosten bestritten werden. Das Vermögen ist allmählich aus Stiftungen der Ortsbürger erwachsen.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 471. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_II_471.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)