Seite:Beschreibung des Oberamts Kuenzelsau I 064.jpg

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sind mit wenigen Schritten an der Mündung des Deubachthales, der aus seinem engen düstern Thalkessel das Wasser des Füllmenbachs und Österbachs mit sich bringt. Weltabgeschieden liegt in dieser verborgenen Ecke das alte geheimnisvolle Belsenberg, einst der Sitz heidnischen Kults, ringsum eingeschlossen von Rebengeländen und Waldbergen. Hart an der Öffnung des Deubachsthales steht die alte Zarge, wohl die letzten Reste der ältesten Burg des Bezirkes. Jenseits des Flusses im Wiesengrund liegt der Hof Scheurach und über ihm auf einem höhlenreichen Tropfsteinfelsen mitten in einem Wald von Bäumen der Bauernhof Kocherstein, einst ein Edelsitz(?), später komburgische Probstei, während am Rand der Hochebene der Weiler Lipfersberg mit seinen Baumschulen den Stürmen in der Höhe trotzt. Vor uns liegt freundlich das Städtchen Ingelfingen mit seinem ausgedehnten modernen Schloßbau, seinen schönen gothischen Kirchen und seiner langen Häuserreihe, die sich theils dem Thale entlang theils den Berg hinan ziehen, als wollten sie die Verbindung mit dem alten Schloß und den mächtigen Ruinen der Burg Lichteneck festhalten. Je weiter wir thalabwärts gehen, um so lieblicher wird das Thal. Die rechte Thalwand zieht sich in weitem Bogen und sanfter Abdachung, mit Wein bewachsen, gegen Niedernhall, die linke Thalseite zeigt mühsam gebautes Feld und oben auf den Höhen ausgedehnte Wälder auf einzelnen hervortretenden Bergvorsprüngen. Kaum haben wir die kleine hübsche St. Annakapelle mit dem Gottesacker von Ingelfingen hinter uns, so sehen wir Criesbach sich malerisch am Berge hin gruppiren. Jenseits des Kochers breitet eine sagengefeierte Linde ihre mächtigen Äste aus. Die Landstraße, welche mit ihrem Bogen der nördlichen Thalbuchtung folgt, verlassend schreiten wir auf dem rechten Ufer im saftigen Wiesenthal rasch dem alterthümlichen Städtchen Niedernhall zu, das erst hinter einer Pappelreihe versteckt, bald seine hohen Fabrikgebäude, einst die Saline, seine wohlerhaltene Stadtmauer mit Thor und Thürmen und seine alten Giebelhäuser zeigt. In eine stille Ecke des Mühlbachthales eingebaut, liegt Niedernhall in einem Kranz von Weinbergen, während im Süden der Stadt auf der Hochebene mächtige Wälder, in ihrer Mitte das Jagdschloß Hermersberg, sich ausdehnen.

Unterhalb Niedernhall wird das Thal wieder enger und erinnert an den Oberlauf des Kochers von Braunsbach bis Steinkirchen. Tief unter der Straße liegt die obere Saline

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 064. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_064.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)