Seite:Beschreibung des Oberamts Kuenzelsau I 113.jpg

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Pocken verdient der Generalimpfbericht von 1864[1] Erwähnung, welcher hervorhebt, daß in den Jahren 1854/64 das Minimum der Pockenerkrankungen des Landes auf den Jagstkreis fiel, daß der Jagstkreis, dessen Bevölkerung 21,9% der Gesammtbevölkerung des Landes ausmacht, nur 4,4% sämmtlicher Pockenerkrankungen und nur 6,7% sämmtlicher Pockentodesfälle geliefert hat und daß er diesen Schutz der dort seit lange eingeführten freiwilligen Revaccination der schulpflichtigen Kinder, an welcher sich das Oberamt Künzelsau stets wesentlich betheiligt hat, verdankte.[2]

Von 1857 bis 1871 fehlt es an Mittheilungen über vorgekommene Epidemieen, nur des Genickskrampfs ist im Jahr 1865,[3] der Diphtherie im Jahr 1868[3] Erwähnung gethan.

Nach den Physikatsberichten herrschten:

1871 Scharlach und Diphtherie in verschiedenen Gemeinden, Pocken in 17 Gemeinden,

1872 Masern in 2, Keuchhusten in 3, Scharlach und Halsbräune in 8, Pocken in 4, Ruhr in 6, Typhus in 8 Gemeinden;

1873 Masern in 4, Scharlach und Halsbräune in 6, Ruhr in 9, Typhus in 4 Gemeinden;

1874 Masern in 30, Scharlach und Halsbräune in 6 (Schönthal)[4], Ruhr in 8, Typhus in 19 Gemeinden (Eberbach, Buchenbach);

1875 Masern in 4, Keuchhusten in 5, Scharlach etc. in 5 (Künzelsau, Ingelfingen, Hohebach, Oberkessach), Ruhr in 1 (Berlichingen), Typhus in 2 Gemeinden (Berlichingen);

1876 Masern in 10, Keuchhusten in 12 (Künzelsau, Ingelfingen), Scharlach etc. in 8 (Künzelsau, Morsbach, Hohebach, Braunsbach), Pocken in 2 (Dörzbach), Ruhr in 4 (Hermuthausen), Typhus in 2 Gemeinden (Künzelsau, Belsenberg);

1877 Masern in 4 (Niedernhall), Scharlach etc. in 12, Typhus in 9 Gemeinden;

1878 Keuchhusten in 1, Scharlach etc. in 14 (Künzelsau, Niedernhall, Buchenbach), Typhus in 12 Gemeinden (Künzelsau, Ingelfingen, Ober- und Unterginsbach, Meßbach).

Der Bezirk wird, wie man sieht, seit Jahren regelmäßig durchseucht, vornehmlich von Scharlach, Diphtherie und Typhus, zwar in vorwiegend gutartiger Weise, denn die Sterblichkeit wird nur ausnahmsweise in der einzelnen Gemeinde dadurch erhöht; immerhin ist aber das häufige Auftreten des Typhus ein sicheres Zeichen, daß gesundheitspolizeilich noch viel zu thun ist, namentlich dürfte der großartigen Verunreinigung des bewohnten Bodens mit animalischen Auswurfsstoffen zumal in den Städten des Bezirks durch Einführung eines besseren Kloakensystems und insbesondere in der Oberamtsstadt durch Errichtung eines Schlachthauses zu Leib gegangen werden.

Über den hauptsächlich von Klima und Witterung abhängigen jährlichen Krankheitsgenius, wie er sich durch sog. lokalisirte Krankheiten zu erkennen gibt, findet sich nur in dem Physikatsbericht

  1. Württ. med. Korr.-Blatt 1865 S. 256.
  2. cfr. Anmerkung des Abschn. I. S. 110.
  3. a b Württ. med. Korr.-Blatt 1865 S. 102, 312.
  4. Die bösartig befallenen Orte sind namhaft gemacht.
Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_113.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)