Seite:Beschreibung des Oberamts Kuenzelsau I 125.jpg

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Bei der Verehelichung des Pathenkinds ist der Rath des Douts maßgebend, er ist bei der Hochzeit unter den ersten Ehrengästen, bei der Beerdigung eines Pathenkinds geht er mit den Eltern.

Ungerne versagen wir uns aus dem reichen Schatz der Kinderlieder und Spiele etwas mitzutheilen. Nur die Neckverse, womit Knaben und Mädchen sich selbst loben und das andere Geschlecht herabsetzen, sind um ihrer Eigenthümlichkeit besonders zu bemerken:

1. Schwarze Hadelbeer, blaue Dintan,
0. D’ Madlan (Buban) schmeckan schen,
0. D’ Buban (Madlan) stinkan.

West., aber auch sonst in Franken, aber mit der Form Madlich.

2. Krautsalat und Bohnan,
0. D’ Madlich muß mer schonan,
0. D’ Buban muß mer unterdrückan
0. Und die alte Schuh’ mit flikan.

3. Müller, Müller mahl’ er,
0. D’ Madlich geltan an Dahler,
0. D’ Bueban nor an Taubandreck,
0. Sind die Dunder des net werth.
0. D’ Madlich kumman in a seides Bett,
0. Und d’ Buban hinters Katzeneck.

Auch mit dem Anfang:

0. Hossan, hossan, possan
0. D’ Buban geltan an Groschan etc.


Konfirmation. Die Konfirmanden erhalten neue Kleidung bis aufs Hemd, die Knaben Hut und Binde, die Mädchen schwarze Schürze und seidenes Tuch, von den Pathen ein Gesangbuch, Firmlinge dazu Rosenkranz und Kleidungsstücke und freie Verköstigung am Ort der Firmung.

Der Rekrutenunfug macht sich wenig bemerklich: Auch hier gilt: Nicht zu viel. Die Ausgehobenen erhalten ansehnliche Ortsgeschenke.

Hochzeit. Wir verweisen in Betreff des Heiratstags, des Hühnerkrähens etc. auf die O.A.Beschr. Mergentheim S. 160 und geben nur zur Ergänzung Einiges:

Gibt sich ein „Anstand“, so bemühen sich die Verwandten, den Heirats-Kandidaten „nazuschmusen“ d. h. zu kuppeln. Juden als Schmuser oder Ehevermittler kommen nicht in Betracht. Gerne heiratet man in die nähere Umgebung, weniger in den Heimatort selbst. Ist die Verlobte aus größerer Entfernung, so hat der Heiratskandidat in der Nähe wegen übeln Rufs keine kriegen können, oder war ihm keine reich genug. Das Verlobungsmahl ist unter dem Druck der Zeit in den Thalorten häufig zum Kaffee zusammengeschrumpft. Die Belohnung fürs Hennenkrähen, früher ein Kronenthaler oder ein Bierfaß, wird heute oft mit einer Mark abgemacht. Einem durchgefallenen Bewerber wird Nachts von seinem bis zum Hause des Begehrten Spreu gestreut. Einzug s. OA.Beschr. Mergentheim S. 160 f.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_125.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)