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Geschichte der Gemeinde Künzelsau und ihrer Verfassung.

Die Sage, daß Künzelsau von Konrad II. gegründet und ursprünglich ein ganz freier Ort gewesen sei und er erst wegen seiner Theilnahme am Bauernkrieg seine Freiheiten verloren habe, ist ohne Halt. Ebenso haltlos ist die Sage, daß es ursprünglich nur aus 8 Höfen bestanden habe.

Besseren Grund dürfte die Sage haben, daß K. ursprünglich ohne Gewerbe gewesen, nur Färber und Walker mit der Walkmühle, Hafner seien vorhanden gewesen (wegen der Leimengrube), alle Gewerbe haben ihren Sitz in Niedernhall gehabt. Niedernhall dürfte schon in alten Zeiten als Salzquelle eine bedeutendere Niederlassung gewesen sein. Bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts heißt Künzelsau trotz seiner großen Bedeutung für die Umgegend nur ein Dorf oder ein Marktflecken (seit 1413 W. F. 7, 332). Als Stadt erscheint es seit Vollendung der Ringmauer 1767–1786. Als bekannte Thatsache wird 1489 vorausgesetzt, daß die Obrigkeit in sieben Theile gehe, also K. ein gemeiner Ort oder Ganerbenort sei (s. Württ. Viertelj. 2, 151). Die Ganerben übten ihre Rechte bis 1485 durch den „gemeinen“ d. h. gemeinsamen Schultheißen aus und erneuerten von Zeit zu Zeit der Gemeinde auf einer Tribüne auf dem Kirchhof ihr altes Herkommen. Ernste Streitigkeiten der Grafen von Hohenlohe mit den Herren von Stetten und der Gemeinde K. veranlaßten die Ganerben im Jahr 1489, auf einem Ganerbentage zu Amorbach in einem Burgfrieden Rechte und Ordnung der Gemeinde schriftlich festzusetzen. Der Burgfrieden verlangt von den Ganerben, daß sie bei Krieg unter einander Künzelsau als neutral betrachten. Wenn ein „Gemeiner“ d. h. ein Ganerbe den andern oder den Schultheißen Lügen straft oder wider seine Ehr redet, soll er nach Schwäbisch Hall, Rothenburg oder Würzburg in eine offene Herberg ziehen und dort 14 Tage liegen, 1/4 Jahr, wenn er unbedacht schlägt (Künz. Archiv). Diesen Burgfrieden hatten die Ganerben wie die Gemeinde zu beschwören. Die Ganerben legten ihren Eid in die Hände des Ältesten der Familie Stetten ab, darauf durften sie erst die Huldigung ihrer Unterthanen vornehmen. Später (vor 1678) fieng Mainz an statt des Burgfriedeneides nur Handtreue zu geloben.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 290. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_290.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)