Seite:Beschreibung des Oberamts Kuenzelsau I 320.jpg

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Jagst ziemlich kühl. Kalte Nebel verursacht in den Übergangszeiten die Jagst. Gegen starke Winde ist der Ort durch die Höhen, welche den Ort ringsum schirmend umgeben, geschützt. Die feineren Gemüse und der Weinstock gedeihen deshalb ganz wohl.

Die Häuser, im unteren Theil des Dorfes dicht nebeneinander, im oberen Theil, der sich gegen die Kirche hinzieht, von Gärten unterbrochen, sind gut gebaut, mit hellen Farben getüncht und mit Ziegeln gedeckt.

Die Kirche zum heil. Martin steht, das Dorf beherrschend und weithin sichtbar mit ihrem schönen Thurm, aus einer Anhöhe nordwestlich vom Dorf. Ein reizender Weg an üppigen Obstgärten vorbei führt auf vielen steinernen Stufen hinauf. Die Kirche mit dem rings sie umgebenden Gottesacker wird von einer hohen festen Mauer umschlossen. Über den beiden Thoren, von denen das hintere jetzt zugemauert ist, erheben sich kleine Gaden, die ursprünglich wohl zur Vertheidigung des Kirchhofes, später aber Einsiedlern zur Wohnung dienten, s. unten. Die Kirche ist im gothischen Stil des 15. und 16. Jahrhunderts gebaut. Der Thurm, in dessen unterem Theil sich der Chor mit Kreuzgewölbe befindet, hat unten noch Rundbogenfenster, nach oben aber Spitzbogenfenster mit Fischblasen.

Am Triumphbogen auf Konsolen die alten holzgeschnitzten Bilder des Apostels Jakobus und Paulus in edler Arbeit. Leider ist die Ausstattung des Chors und der Hochaltar dem Stil desselben durchaus nicht entsprechend, sondern zopfig.

In dem hellen, mit gothischen Fenstern geschmückten, außen durch Strebepfeiler gestützten Schiff befinden sich zwei Seitenaltäre, Maria und Joseph geweiht. Auf dem Josephsaltar sieht man eine Darstellung des heiligen Abendmahls, aus Holz geschnitzt in halb erhabener Arbeit mit feinen Köpfen, die dem 15. Jahrhundert angehört und ursprünglich wohl den Hauptaltar zierte.

Auf dem schmucken, schlanken Thurme hängen drei Glocken, von denen die größte in gothischer Schrift die Inschrift hat: S. Lucas. S. Markus. S. Mateus. S. Johannes a. 1451. Die zweite Glocke hat die Inschrift mit dem doppelten Chronogramm: SanCta DeIparens MarIa esto hVIVs LoCI patrona (1764). Anno, qVo Iohannes Weber paroChVs et Iohannes VaLCkenberger praefeCtVs hVIVs LoCI fuerVnt, CaMpana haeC fVsa atqVe sVspensa est.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 320. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_320.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)