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Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne. In: Bilder und Sagen aus der Schweiz, Band 1

sagte die junge Frau. Er hat den Glauben, daß ein Kind, welches man nicht zur Tause trage, sondern führe, träge werde und sein Lebtag seine Beine nie recht brauchen lerne. Wenn nur die Gotte (Pathin) da wäre, die versäumt am längsten, die Göttene machen es kürzer und könnten immerhin nachlaufen.“ Die Angst nach den Gevatterleuten verbreitete sich durchs ganze Haus. „Kommen sie noch nicht?“ hörte man allenthalten; in allen Ecken des Hauses schauten Gesichter nach ihnen aus, und der Türk bellte aus Leibeskräften, als ob er sie herbeirufen wollte. Die Großmutter aber sagte: „Ehemals ist das doch nicht so gewesen, da wußte man, daß man an solchen Tagen zu rechter Zeit aufzustehen habe und der Herr Niemanden warte.“ Endlich stürzte der Bub in die Küche mit der Nachricht: die Gotte komme.

Sie kam, schweißbedeckt und beladen wie das Neujahrkindlein. In der einen Hand hatte sie die schwarzen Schnüre eines großen blumenreichen Wartsäckleins, in welchem, in ein fein weißes Handtuch gewickelt, eine große Züpfe stach, ein Geschenk für die Kindbetterin. In der andern Hand trug sie ein zweites Säcklein und in demselben war eine Kleidung für das Kind, nebst etwelchen Stücken zu eigenem Gebrauch, namentlich schöne weiße Strümpfe, und unter dem einen Arme hatte sie noch eine Drucke mit dem Kränzchen und der Spitzenkappe mit den prächtigen schwarzseidenen Haarschnüren. Freudig tönten ihr die Gottwilchen (in Gott willkommen) entgegen von allen Seiten und kaum hatte sie Zeit von ihrer Bürde eine abzustellen, um den entgegengestreckten Händen freundlich zu begegnen. Von allen Seiten langten dienstbare Hände nach ihren Lasten und unter der Thüre stand die junge Frau und

Empfohlene Zitierweise:
Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne. In: Bilder und Sagen aus der Schweiz, Band 1. Jent & Gaßmann, Solothurn 1842, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bilder_und_Sagen_aus_der_Schweiz_I.pdf/12&oldid=- (Version vom 31.7.2018)