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Ἰησοῦ Χριστοῦ. Der Aor. ist gewählt, weil der Schreiber sich auf den Standpunkt seiner Leser versetzt. Veraltet ist die Deutung auf das Johannesevangelium und die Briefe. Die Wendung: „Wort Gottes und Zeugnis Jesu“ kommt in der Apk sehr häufig vor und ist ein plerophorischer Ausdruck für christliche Offenbarung überhaupt vgl. 1,9; 6,9; 12(,17); (19,10); 20,4; hier wird der allgemeine Ausdruck durch das folgende ὅσα εἶδεν näher bestimmt als die speziell in diesem Buch vorliegende Offenbarung. μαρτυρία Ἰησοῦ ist Zeugnis Jesu (nicht von Jesus). μαρτυρία gehört wie μαρτυρεῖν dem johanneischen Schriftenkreis an (s. o. S. 179). ὅσα εἶδεν[1]: so viel er schaute.

1,3. μακάριος (s. o. S. 176f.) ὁ ἀναγινώσκων. Die Wendung erinnert an synoptischen Sprachgebrauch (Mt 5,3ff.; Lk 6,21f.; Joh 20,49; Jak 1,12). Grund der Seligpreisung ist die Anwartschaft auf das Leben im messianischen Reich. Der „Lesende“ ist der Vorleser im öffentlichen Gottesdienst (Justin, Apol. I 67; Weyland 119). Das beweist der wechselnde Numerus in den Partizipien. Der Apok. bestimmt sein Buch von vornherein als heiliges und prophetisches zur gottesdienstlichen Verlesung. καὶ οἱ ἀκούοντες τοὺς λόγους[2] τῆς προφητείας[3] (22,9; über die der Apk eigentümliche besondere Hochschätzung der προφητεία s. o. S. 138) καὶ τηροῦντες (gehört dem johanneischen Sprachgut an s. o. S. 179) τὰ ἐν αὐτῇ γεγραμμένα. Die Ermahnung, das in der Apk Geschriebene zu halten, hat einen ganz bestimmten Sinn. Dieselbe bezieht sich nicht in erster Linie auf die in den Sendschreiben enthaltenen einzelnen Mahnungen (Dstd.). Die ganze Schrift will eine mächtige Mahnung an die Christen sein, in der letzten Zeit der bittersten Not und des heißen Kampfes getreu auszuharren. ὁ γὰρ καιρὸς (11,18) ἐγγύς. 22,10. Vgl. Mt 24,33; 26,18 und das oben zu ἐν τάχει (1,1) Bemerkte, zu ἐγγύς Joh 2,13; 6,4; 7,2; 11,55 (B. Weiß).

Exkurs zu 1–3. Das Prooemium hat seiner Stellung vor dem eigentlichem Eingang 4 – 6 mannigfache kritische Bedenken hervorgerufen. Völter² 8 erklärte die Verse für spätere Zutat des Redaktors. Ebenso schreibt J. Weiß die Verse dem vom Apok. zu unterscheidenden Redaktor zu.

Nach Sp. 11, Sabatier, Schön liegt hier eine Überschrift vor, wie sie später in den Manuskripten öfter den neutestamentlichen Schriften vorgesetzt worden sei. Es ist aber kein Grund gegen die Annahme vorhanden, daß der Apok. selbst seinem Werk diesen Titel vorgesetzt hätte. Dafür, daß das erst nachträglich nach Vollendung des Buches geschehen ist (vgl. Hirscht), spricht auch das an 22,16 direkt anlehnende διὰ τοῦ ἀγγέλου (s. o.). Auffällig ist die johanneische Sprachfärbung dieser Verse; man vgl. die Ausdrücke σημαίνειν, μαρτυρεῖν, μαρτυρία, τηρεῖν. Das Prooemium empfiehlt die Schrift in feierlicher Weise als heiliges prophetisches Vorlesungsbuch.



  1. An. fügt aus 1,19 die Glosse hinzu: και ατινα εισι και ατινα χρη γενεσθαι μετα ταυτα.
  2. τον λογον ℵQ 100.
  3. + ταυτης 7. 16 g vg. cod. s¹ Vict. ist erklärende Glosse.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 183. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S183.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)