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die spätere Tradition in den Antichristapokalypsen fast einstimmig Elias und Henoch als die beiden Zeugen auffaßt. — Weshalb endlich die beiden Vorläufer μάρτυρες genannt werden, kann ebenfalls nicht mit Bestimmtheit gesagt werden. Es wäre möglich, daß der Apok. diese ganz seiner sonstigen Redeweise entsprechende Benennung selbst geschaffen hat. — Die Zeitdauer der Wirksamkeit der beiden zeugen wird auf 1260 Tage, d. h. auf die seit Daniel bekannte apokalyptische Zahl von 3½ Jahren angegeben[1]. Die Zeit der Eliasplage beträgt nach I Kö 18,1 nur drei Jahre. Wenn Lk 4,25; Jak 5,17 ebenfalls 3½ Jahre angeben, so sind auch diese Stellen apokalyptisch bestimmt. Große Schwierigkeit bereitet endlich auch die Frage, wo die beiden Zeugen eigentlich auftreten, weshalb sie kommen, wem sie Buße predigen. Der Zusammenhang mit dem Vorhergehenden ist ein sehr loser. Das zeigt sich schon daran, daß in dem καὶ δώσω offenbar plötzlich Gott (oder Christus, B. Weiß) redet, während man kaum (mit Sp.) als Subjekt des λέγων in V. 1 Gott annehmen darf. Das Wahrscheinlichste ist es, an ein Auftreten der Zeugen in Jerusalem und an eine Bußpredigt unter den Juden zu denken. Aber schon Züll. und nach ihm Sp. denken wesentlich an eine Bußpredigt unter den Heiden und Sp. läßt die Zeugen in Rom auftreten (s. das Genauere weiter unten).

11,4. οὗτοί εἰσιν αἱ δύο ἐλαῖαι καὶ αἱ[2] δύο λυχνίαι αἱ[3] ἐνώπιον τοῦ κυρίου[4] τῆς γῆς ἑστῶτες[5] (s. o. S. 161). Das Bild ist entworfen nach Sacharja[6] 4,2f.12.14, allerdings in freier Überarbeitung. Denn dort ist von einem siebenarmigen Leuchter die Rede, an dessen beiden Seiten zwei Ölbäume, in der Deutung Josua und Serubabel, stehen. Sonderbarerweise werden die beiden Zeugen in der Apk außerdem als zwei Leuchter bezeichnet. Jedenfalls sollen die beiden Zeugen als die schon bei Sacharja geweissagten hervorragenden Diener des Herrn („die Ölsöhne“ Sach 4,14) charakterisiert werden. Daher auch der bestimmte Artikel. Es kann nach dem uns vorliegenden Material nicht entschieden werden, ob nur eine phantastische Kombination des Apok. hier vorliegt, oder ob auch die beiden Gestalten, die Sacharja schaut, in einen weiteren religionsgeschichtlichen Zusammenhang hineingehören, also von Sach nur auf Josua und Serubabel gedeutet wären (vgl. Gunkel, Schöpfung und Chaos 129).

11,5. καὶ εἴ τις αὐτοὺς θέλει[7] ἀδικῆσαι, πῦρ ἐκπορεύεται[8] ἐκ τοῦ στόματος αὐτῶν καὶ κατεσθίει τοὺς ἐχθροὺς αὐτῶν. Vgl. Jer 5,14: ἰδοὺ ἐγὼ δέδωκα τοὺς λόγους μου εἰς τὸ στόμα σου πῦρ. Sir 48,1: ἀνέστη Ἡλίας προφήτης ὡς πῦρ, καὶ ὁ λόγος αὐτοῦ ὡς λαμπὰς ἐκαίετο (II Kön 1,10; Num 16,35). Sibyll. II 188-189 heißt es von Elias: τότε σήματα τρισσὰ κόσμῳ ὅλῳ δείξει. Richtig Dstd.: was Jeremias 5,14 vergleichsweise


  1. Wenn Da 12,11 1290 Tage angegeben werden, so ist hier ein Schaltmonat mit eingerechnet.
  2. > ℵ.
  3. WS: Siehe vorherige Anmerkung.
  4. θεου An.¹² a.
  5. εστωσαι ℵccP An.¹²³(⁵) Hipp.
  6. Dorther hat der Apok. wahrscheinlich auch die Idee des Messens entlehnt.
  7. θελει αυτους ℵ An.⁴ cle. (lips.) Vict.
  8. εξελευσεται He.r. vg. Tic. Pr.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. , Göttingen 1906, Seite 319. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S319.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)