Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 016.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Und da er die Gruft erwühlet,

Hat die Erde ihn umfangen.

85
Mit ihm zu der Erden Grüften

Sinken auch des Tales Schatten;
Aus den Gründen zu den Hügeln
Tritt die Nebelwoge wachsend.

Trüb getürmt auf düstern Füßen

90
Schwankt der Riese auf am Walde,

Schwingt die Nacht auf seinen Rücken,
Kalt die Nebelfäuste ballend.

Trügend rüstet sich der Lügner
Mit dem Sonnengott zum Kampfe,

95
Der auf goldnen Flügelfüßen

Flammet aus den Ozeanen.

Seinen Spiegel stellt er lügend
In der Dünste giftgem Walle
Antichristisch ihm genüber;

100
Jeder wache, nicht zu fallen!


Wo der Traum in irdschen Gründen
Barg den Mann, will Rosablanke
Ganz in tiefer Angst entzücket
Ihren Blumenkranz begraben.

105
Aber ihr entgegen züngelnd

Reckt sich eine bunte Schlange,
Und mit heilgem Mut gerüstet
Betet bebend Rosablanke:

„Sei verflucht, du Geist der Lügen,

110
Dich zertrat des Weibes Samen;

O Maria, sei gegrüßet,
Mutter Gottes, voller Gnaden!

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_016.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)