Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 030.jpg

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Arm ist wohl das Bild an Schmucke,

Handel-, wandellos die Straße,

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Aber nächtlich hört die Mutter

Hell Biondettens süßes: Ave!

Und geht sie, im bunten Putze
Schimmernd, zu der Bühne abends,
Teilt sie fromm die Flitterblumen

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Mit Marien, voll der Gnaden.


Auf des Altars öder Stufe
Keimen Blümlein in dem Grase;
Nahe ist das Tor, hier ruhen
Gern, sich ordnend, müde Wandrer.

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Denn hier steht ein kühler Brunnen

Einsam wie das Bild, es fallen
Leis der Linde Blüten runter
Auf den Spiegel seines Wassers.

Still an des Altares Stufen

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Kniet Meliore und betrachtet

Glaubend, was mit Dämmerungen
Ihm der Schule Geist umnachtet.

Eine Jungfrau kömmt zum Brunnen;
Zu der Stadt trägt Rosablanke

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Einen Korb mit Wachs und Blumen,

Sprengt die Rosen an mit Wasser.

Sitzt zu ruhn dann auf die Stufen
Bei dem Jüngling am Altare,
Ihre züchtgen Augen wurzeln

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Bang auf der Gestalt des Mannes.


Die erfrischten Rosen rufen,

Und er blickt nach Rosablanken;
Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_030.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)